Gesundheitsrisiken durch Frühgeburt

Kongress für Kinder- und Jugendmedizin untersucht Langzeitfolgen der zu frühen Geburt Die immer besseren Überlebenschancen sehr kleiner und unreifer Frühgeborener sind einer der größten Erfolge der hochspezialisierten Pädiatrie.

Kongress für Kinder- und Jugendmedizin untersucht Langzeitfolgen der zu frühen Geburt

Die immer besseren Überlebenschancen sehr kleiner und unreifer Frühgeborener sind einer der größten Erfolge der hochspezialisierten Pädiatrie. Wie sich Kinder aber nach solchen Krisen entwickeln und inwieweit dauerhafte Nachwirkungen für die Gesundheit bleiben, ist eines der Hauptthemen des bundesweiten Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) in Hamburg, der morgen beginnt.

“Mittlerweile kommt etwa jedes 10. Neugeborene in Deutschland vor der 37. Schwangerschafts­woche zur Welt und gilt somit als Frühgeborenes. In großen Kinderkliniken ist heutzutage mehr als jedes 3. Bett mit einem frühgeborenen Kind oder einem kranken Neugeborenen belegt”, sagt Prof. Dr. Egbert Herting vom Lübecker Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Er ist Kongresspräsident der Jahrestagung der DGKJ, die in den nächsten Tagen mehr als 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem aus den Arztpraxen und Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin in das Hamburger CCH bringen wird.

“Wenige Minuten um die Geburt herum können entscheidend für das Lebensschicksal einer ganzen Familie sein. Durch die Fortschritte in der Neonatologie sind die Überlebensraten enorm gestiegen”, fasst Herting die große Herausforderung für die medizinische Versorgung zusammen. Insbesondere die sehr kleinen Frühgeborenen profitieren dabei ungemein von einer spezialisierten Versorgung in Fachzentren.

Doch bei aller Kompetenz ist gerade bei den sehr kleinen Frühgeborenen die Wahrscheinlichkeit für lebenslange Beeinträchtigungen der weiteren Entwicklung immer präsent, insbesondere wenn sie Komplikationen wie Hirnblutungen, Infektionen, Netzhauterkrankungen oder besondere, mit der extremen Unreife zusammenhängende Darmerkrankungen durchstehen mussten.

Der DGKJ-Kongress befasst sich vor diesem Hintergrund auch mit der Frage, inwieweit die verbesserte Versorgung auch zu einer langfristig besseren Überlebensqualität führen kann. Zu den langfristigen Folgen sehr früh geborener Kinder werden auf der Tagung aktuelle Studien vorgestellt, u.a. auch die Daten des Deutschen Frühgeborenen Netzwerk (GNN) und der Bayerischen Entwicklungsstudie (BEST), die ehemalige Frühgeborene bis in das Erwachsenenalter begleitet hat.

Für den Kliniker ist die Abschätzung von langfristigen Folgen therapeutischer Entscheidungen oft sehr schwierig. Das GNN nutzt zu diesem Zweck klinische und genetische Daten von über 14.000 sehr kleinen Frühgeborenen und betrachtet Kinder aus der besonderen Risikogruppe mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm beim Eintritt in die Schule auf Gesundheit, Entwicklung und Teilhabe.

“Viele der sehr kleinen Frühgeborenen weisen später häufiger kognitive Probleme, Ängste oder Beeinträchtigungen in der Schulleistung auf. Aber auch die sogenannten ‘späten Frühgeborenen’, also Kinder, die zwischen der 32. und 37. Schwangerschaftswoche geboren wurden, tragen noch ein erhöhtes Risiko für spätere Beeinträchtigungen von Gesundheit und Lebensqualität”, und sollten von daher nicht aus dem Blick geraten, betont Prof. Herting.

“Die Probleme von Frühgeborenen enden nicht mit der Entlassung aus einer Kinderklinik”, unterstreicht Prof. Herting: “Wir brauchen gute gemeinsame Konzepte in Klinik und im ambulanten Bereich – für eine adäquate Langzeitbetreuung dieses besonderen Risikokollektivs”.