HPV: Impft endlich auch die Jungen!

Humane Papillomviren (HPV) verursachen zum einen die unschönen Condylomata accuminata, zum anderen sind sie aber auch bei Frauen für Cervixkarzinome sowie bei Männern für Anal- und Peniskarzinome verantwortlich.

Zweifache Impfung im Kindesalter für lebenslange Immunität

Humane Papillomviren (HPV) verursachen zum einen die unschönen Condylomata accuminata, zum anderen sind sie aber auch bei Frauen für Cervixkarzinome sowie bei Männern für Anal- und Peniskarzinome verantwortlich. Die Impfraten bei den Mädchen sind in Deutschland mit < 40 % noch immer viel zu niedrig, an Herdenimmunität für Jungen ist dabei nicht zu denken. Wann also erkennt auch die STIKO die Datenlage an und ermöglicht die längst überfällige Impfung der Jungen in Deutschland?

Das Risiko, im Leben von HP-Viren infiziert zu werden, liegt für die sexuell aktive Bevölkerung bei mehr als 80 %. Zwar werden 80-90 % dieser Infektionen auch wieder vom Immunsystem getilgt, dennoch treten bei einigen Menschen Persistenzen auf, welche das Risiko für die Tumorentstehung deutlich erhöhen.

Beliebte Infektionsorte der sexuell übertragbaren HP-Viren sind Schleimhautbereiche von Zervix, Genitale, Oropharynx oder auch der Analkanal. Niedrig-Risiko-Typen wie beispielsweise HPV 6 und 11 führen dort zu den charakteristischen, meist blumenkohlartigen Condylomen. Hoch-Risiko-Viren wie HPV 16 und 18 hingegen können in den Hautzellen persistieren und zu Krebsvorstufen sowie Karzinomen führen.

Condylome sind zu 100 % HPV-assoziiert, das Zervixkarzinom zu 99 %, der Analkrebs zu 88 %, das Peniskarzinom zu 50 % sowie das Oropharynxkarzinom immerhin noch zu etwa 20 %. Männer gehören zudem beim Analkarzinom und beim Oropharynxkarzinom zur vulnerableren Gruppe im Vergleich zu den Frauen. Ferner beläuft sich die Inzidenz des HPV-abhängigen Analkarzinoms bei HIV-infizierten Männern auf das 46-fache der Normalbevölkerung!

Das HPV-Impfpotenzial wird in Deutschland kaum genutzt

Nach einigem Vorlauf mit 2-fach- und 4-fach-Impfstoffen erhielt der nonavalente HPV-Impfstoff Gardasil® 9 schließlich bei uns im Jahr 2014 seine Zulassung. Dieser Impfstoff schützt effektiv vor Infektionen mit HPV 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58. In dieser Kombination bietet der Impfstoff 90 % Effektivität gegen Condylomata und Karzinome.

Die Impfung erfolgt idealerweise noch vor dem ersten Sexualverkehr und wird im Alter von 9 bis 14 Jahren für Mädchen von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen. In diesem Alter reicht eine zweifache Impfung nach aktuellem Kenntnisstand für eine lebenslange Immunität aus. 

Trotz einer Kostenübernahme seitens der GKV für Mädchen ist die Impfquote bei ihnen noch immer viel zu niedrig, um auf einen Herdenschutz für die Jungen zu vertrauen. Und was ist eigentlich mit den Männern, die (ausschließlich) Sex mit Männern haben (MSM)?

Staaten wie die USA, Österreich, Australien oder Kanada impfen bereits seit einigen Jahren auch die Jungen gegen HPV. MSM können den Schutz in einigen Fällen sogar altersunabhängig jederzeit bekommen. Erste Datenauswertungen australischer Studien zeigten, dass z. B. als ein erster nachweisbarer Erfolg der HPV-Impfung die Belastung mit Condylomata acuminata spürbar in beiden Geschlechtern gesenkt wurde.

Alternative Wege: Dann eben auch ohne STIKO-Empfehlung

Eine Entscheidung der STIKO zum Thema wird frühestens Anfang 2018 erwartet. Wer seine Praxis in Sachsen betreibt, hat zudem bereits seit 2013 die Möglichkeit, dort die HPV-Impfung für Jungen kostendeckend über die GKV abrechnen zu dürfen.

Deutschlandweit sind mittlerweile einige Betriebskrankenkassen diesem Beispiel gefolgt und übernehmen die Kosten der HPV-Impfung für beide Geschlechter vollumfänglich. Ein Krankenkassenwechsel könnte  sich also für Ihren jungen Patienten in Sachen HPV sehr schnell rechnen.

Referenz:
Schneede P., Wie gefährdet sind Jungen/Männer durch HPV in Deutschland – Stand 2017“; DGU-Kongress, 22.09.2017; Messe Dresden.