Immer mehr Menschen müssen gepflegt werden

Wie gut kann sich jemand selbst im Alltag versorgen, wie geht er mit seinen Krankheiten um, wie kann er sich ausdrücken? Seit gut einem Jahr gelten neue Kriterien für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit. Deutlich ist: Mehr Menschen profitieren.

Der Pflegebedarf in Sachsen-Anhalt steigt weiter an

Wie gut kann sich jemand selbst im Alltag versorgen, wie geht er mit seinen Krankheiten um, wie kann er sich ausdrücken? Seit gut einem Jahr gelten neue Kriterien für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit. Deutlich ist: Mehr Menschen profitieren.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) in Sachsen-Anhalt hat 2017 deutlich mehr Menschen einen Pflegebedarf attestiert. Gut 55.100 Mal empfahlen die Experten nach Begutachtungen den Bezug von Pflegeleistungen, das waren 8700 Fälle mehr als im Jahr zuvor, wie der MDK am Donnerstag in Magdeburg mitteilte.

Seit dem 1. Januar 2017 wird die Pflegebedürftigkeit nach einem neuen Verfahren eingeschätzt. Es geht nicht mehr um die benötigte Zeit für die Pflege, sondern um den Grad der Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen. Statt drei Pflegestufen gibt es nun fünf Pflegegrade. Zudem wurde der Kreis der Empfangsberechtigten erweitert um Menschen mit Demenz.

Der MDK hat im zurückliegenden Jahr nach eigenen Angaben etwas mehr als 72.600 Pflegegutachten angefertigt. Das seien elf Prozent mehr als noch im Jahr 2016 gewesen. Um das Plus zu bewältigen, seien 23 neue Mitarbeiter eingestellt worden - die Gesamtzahl liege nun bei 80, sagte die Leiterin des Geschäftsbereichs Pflege, Kerstin Steinke.

Aufgabe des Medizinischen Dienstes ist es auch, die Qualität der Pflege in ambulanten und stationären Einrichtungen sowie in der Tagespflege zu untersuchen. Dafür fahren die Prüfer mindestens einmal pro Jahr in die Einrichtungen und schauen sich stichprobenartig die konkrete Pflege von Bewohnern an. Bei 549 ambulanten Pflegediensten und 626 stationären Pflegeeinrichtungen waren die Experten dem MDK zufolge.

In 28 Einrichtungen stellten sie demnach so große Qualitätsdefizite fest, dass es eine Wiederholungsprüfung gab, bei der die Beseitigung der Mängel beurteilt wurde. Als Beispiele wurden eine mangelnde Wundversorgung bei Druckgeschwüren genannt sowie Mängel bei der Versorgung mit Medikamenten. Die Zahl der Einrichtungen, in denen die MDK-Mitarbeiter Defizite feststellen, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. 2014 habe es noch in 21 Einrichtungen gravierende Defizite gegeben, 2015 in 27 und 2016 in 31.

Der Medizinische Dienst prüft die Einrichtungen im Auftrag der Krankenkassen und erstattet diesen Bericht. Die Kassen entscheiden dann über mögliche Sanktionen bis hin zur Kündigung von Versorgungsverträgen, hieß es weiter. Parallel zum MDK gibt es die Heimaufsicht des Landes Sachsen-Anhalt, die beim Landesverwaltungsamt angesiedelt ist. Diese hat eigene Sanktionsmöglichkeiten und kann sogar die Schließung von Heimen anordnen.

Der MDK hat festgestellt, dass sich zunehmend Angehörige oder auch Pflegebedürftige selbst über Mängel beschweren. Aufgrund solcher Hinweise habe es im zurückliegenden Jahr 88 sogenannte Anlassprüfungen gegeben, sagte die Leiterin des Fachbereichs Qualitätsprüfung des MDK, Ina Schulze. 2016 seien die Prüfer noch 79 Beschwerden vor Ort nachgegangen. "Häufig haben sich die Mängel teilbestätigt oder bestätigt." Themen seien sowohl die direkte Pflege als auch die Betreuung gewesen. "Angehörige und auch Pflegebedürftige selbst werden fordernder und mutiger", sagte Schulze zum Plus bei den Beschwerden.