Kliniken haben Lehren aus Keimskandal gezogen

Frühchen können nur im Krankenhaus überleben. In Bremen wurde Babys das vor einigen Jahren zum Verhängnis: Sie steckten sich mit einem gefährlichen Keim an und starben. Ist die Gefahr heute gebannt?

Krankenhäuser wollen Risiken für Frühchen minimieren

Frühchen können nur im Krankenhaus überleben. In Bremen wurde Babys das vor einigen Jahren zum Verhängnis: Sie steckten sich mit einem gefährlichen Keim an und starben. Ist die Gefahr heute gebannt?

Die tödliche Infektionswelle auf einer Bremer Frühchenstation schreckte Eltern, Experten und Politiker auf. Wiederholt steckten sich Babys dort mit einem resistenten Darmkeim an. Drei von ihnen starben, mehrere erkrankten schwer. Auch sechs Jahre später ist die Ursache für den Ausbruch noch unbekannt.

In den Bremer Kliniken hat sich nach Angaben des Gesundheitsressorts seitdem viel in Sachen Hygiene getan. Ein Ausbruch dieser Tragweite gab es bisher nicht wieder. "Das zeigt uns auch, dass die Maßnahmen, die wir ergriffen haben und laufend überprüfen, greifen", sagte Timo Sczuplinski vom Bremer Klinikverbund.

Versäumnisse auf allen Ebenen

Ein Untersuchungsausschuss des Landtages war im Dezember 2012 zu einem vernichtenden Urteil gekommen. Der Abschlussbericht stellte Versäumnisse auf allen Ebenen fest - vom Reinigungspersonal über die Klinikleitung bis zum Gesundheitsamt - und forderte Nachbesserungen.

Dem seien die Bremer Kliniken nachgekommen, sagte die Sprecherin des Gesundheitsressorts, Christina Selzer. Inzwischen gibt es regelmäßige Kontrollen des Gesundheitsamtes, strengere Vorschriften, mehr Hygienefachkräfte und mehr Schulungen für Mitarbeiter. Die Kliniken machen bei Patienten auf Intensivstationen oder aus Risikoberufen wie der Kinderbetreuung oder der Landwirtschaft routinemäßig ein Screening - nehmen also einen Abstrich, um diesen auf Erreger zu untersuchen, die auf fast keine Antibiotika mehr ansprechen.

Skandal hat Probleme ins Bewusstsein der Mitarbeiter gerückt

"Der Keimausbruch hat auch dazu geführt, dass flächendeckend bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Bewusstsein für das Thema Hygiene gestiegen ist, was auch der überdurchschnittliche Verbrauch von Desinfektionsmittel bei uns beweist", sagte Sczuplinski.

Nicht nur in Bremen hat die Aufmerksamkeit in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sieht die deutschen Krankenhäuser insgesamt auf einem guten Weg. "Da ist schon sehr viel passiert", sagte Vorstand Peter Walger.

Dank verbesserter Hygiene, flächendeckender Screenings und schneller Isolation von betroffenen Patienten taucht der multiresistente MRSA-Keim seinen Angaben nach seltener auf. Dagegen steigt die Zahl resistenter Darmbakterien und anderer gefährlicher Erreger wie Acinetobacter baumannii, der vor zwei Jahren am Kieler Universitätsklinikum 31 Patienten befiel.

Bundesweit infizieren sich nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts jedes Jahr zwischen 400.000 und 600.000 Menschen in Krankenhäusern mit Keimen. 10.000 bis 15.000 sterben daran. Die DGKH geht sogar von einer Million Krankenhausinfektionen jährlich aus. In sechs bis zehn Prozent der Fälle seien resistente Erreger im Spiel, sagte Walger.

Der Experte sieht deshalb noch viel Präventionspotenzial: Die Krankenhäuser müssten nicht nur mehr Fachkräfte für Hygiene, sondern auch mehr Pflegepersonal einstellen. Dieses sei oft überlastet, worunter die Hygiene leide. Es gebe aber auch bauliche Probleme in manchen Häusern, so dass diese zum Beispiel nicht genug Isolationszimmer hätten. "Wir brauchen mehr Investitionen in den Krankenhäusern", forderte Walger. Zugleich müssten Ärzte weniger Antibiotika verschreiben, und deren Einsatz in der Tiermast müsse weiter sinken.