Mini-Gehirn-Modell gibt Einsicht in idiopathischen Autismus

Forscher aus den USA haben ein “Mini-Gehirn-Modell” erstellt, dass sich von Personen mit einer bestimmten Form der idiopathischen ASD ableitet.

Forscher aus den USA haben ein “Mini-Gehirn-Modell” erstellt, dass sich von Personen mit einer bestimmten Form der idiopathischen ASD ableitet

Die dargestellte Störung kennzeichnet sich durch ein übergroßes Gehirn, als Ausdruck eines defekten molekularen Signalweges, der für die Hirnentwicklung relevant ist. Durch den Defekt kommt es zu einem frühen neuronalen Wachstum und der Entstehung von dysfunktionalen kortikalen Netzwerken. Die neuen Erkenntnisse wurden unlängst im Journal Molecular Psychiatry veröffentlicht.

Letztendlich ist die Errungenschaft dieser Arbeit, dass man von nun an in der Lage sein wird effektive Modelle idiopathischer ASDs, je nach gewünschtem Endophenotyp, zu erstellen. In diesem Fall wählte man das Hirnvolumen als Merkmal.

Die Charakteristika und Ursachen von ASDs sind vielfältig und bisher nicht vollständig verstanden – Tatsachen, die es schwierig gemacht haben relevante genetische, pathologische und zelluläre Faktoren betroffener Menschen vollständig aufzudecken. Eine spezifische Pathophysiologie, beziehungsweise ein gestörter Prozess, der einigen Kindern mit ASD zugeordnet werden kann, ist das Auftreten einer Megalenzephalie, die durch frühe neuronale Überwucherungen und abnorm vergrößerte Gehirne gekennzeichnet ist. Die Megalenzephalie tritt in den ersten drei Lebensjahren auf und geht somit den ersten klinischen Anzeichen einer ASD voraus. Etwa 20 Prozent der Individuen mit ASD zeigen eine solche Hirnvergrößerung.

Die Forscher folgerten daraus, dass ASD Patienten mit Megalenzephalie wahrscheinlich eine zugrundeliegende Pathologie auf molekularer und zellulärer Ebene teilen. Auf der Suche nach einer Antwort züchtete das Team neurale Vorläuferzellen, die aus pluripotenten Stammzellen von Kindern mit Asperger-Syndrom stammten.

Bei der Genom-Sequenzierung der Zellen, stellte die Arbeitsgruppe fest, dass einige, aber nicht alle, klare Mutationen im Wnt-Signalweg aufwiesen. Dabei handelt es sich um einen molekularen Signalweg, der seit einiger Zeit mit Krebserkrankungen in Zusammenhang gebracht wird. Defekte in der Zellzykluskontrolle waren auch hinsichtlich der Gen-Expression dieser Zellen erkennbar. Als Konsequenz vermehrten sich die neuralen Vorläuferzellen der Asperger-Kindern deutlich schneller, als die der Kontrollen. Ein Umstand, den der Phänotyp ihrer Gehirne erklären würde.

Die Forscher teilten die Vorläuferzellen gemäß ihren Netzwerken kortikaler Neurone auf. Kortikale Neurone stellen den primären funktionellen Zelltyp der Hirnrinde (graue Substanz) dar.

Dabei konnten die Wissenschaftler zeigen, dass ASD Netzwerke nicht in der Lage waren ausreichend inhibitorische Neuronen zu erzeugen. Sie fanden heraus, dass mehrere Rezeptoren und Neurotransmitter, die im Zusammenhang mit GABA (einer Aminosäure, die als hemmender Neurotransmitter wirkt) stehen, in diesen Neuronen fehlreguliert waren. Darüber hinaus stellte man fest, dass die Anzahl der exzitatorischen Synapsen reduziert war. Ein Umstand der zu Funktionsstörungen führte, als die Forscher die Reifung der neuronalen Netzwerke analysierte. Grundsätzlich deckten sie auf diese Weise einen Mangel sogenannter “burst synchronization” (wenn mehrere Neuronen gleichzeitig feuern) auf.

Schließlich testete das Forschungsteam ein Medikament (IGF-1) an einer Kohorte von betroffenen Studienteilnehmern und fand heraus, dass es eine Umkehrung der neuronalen Veränderungen bewirken könnte, wobei das Ausmaß zwischen den einzelnen Teilnehmern variierte. IGF-1 ist ein Wachstumsfaktor, der unserem Insulin strukturell stark ähnelt. Es ist mittlerweile bekannt, dass IGF-1 einen Einfluss auf Zellprofileration sowie die Vermeidung von Apoptoseprozessen hat.

Durch die Identifikation von Personen, welche bereits bei der Untersuchung ihrer “Mini-Gehirne” besser auf Therapien ansprechen, sei auch die Selektion von ASD-Probanden für weitere klinische Studien erleichtert, so Muotri.

Muotri vermutet, dass es durch die Untersuchung der Minigehirne zukünftig für Studien deutlich leichter sein wird diejenigen Individuen mit ASD zu identifizieren, die mit höherer Wahrscheinlichkeit auf spezifische Therapien ansprechen werden.