Seltenen genetischen Krankheiten auf der Spur

Einen neuen Ansatz zur Behandlung von seltenen genetischen Erkrankungen wie dem Noonan-Syndrom haben Neurowissenschaftler in Zusammenarbeit mit Humangenetikern entwickelt.

Neue Wege, um kognitiven Defizite zu therapieren

Einen neuen Ansatz zur Behandlung von seltenen genetischen Erkrankungen wie dem Noonan-Syndrom haben Neurowissenschaftler in Zusammenarbeit mit Humangenetikern entwickelt.

Für die als "RASopathien" bezeichneten Krankheiten sind Genmutationen verantwortlich, die zu Herzfehlern, Kleinwüchsigkeit, Entwicklungsstörungen, Neigung zu Krebs und intellektuellen Defiziten führen können. Am Noonan-Syndrom leidet etwa jeder 3.000. Mensch. Insgesamt wird die Zahl der Betroffenen von RASopathien in Deutschland auf mehrere 10.000 Menschen geschätzt. Es gibt aber bislang nur eine rein symptomatische Behandlung.

"Wir wissen noch zu wenig darüber, wie die Mutation zu den Äußerungen der Krankheit führt", erklärt Prof. Dr. Anna Fejtova, Professur für Molekulare Psychiatrie in der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen. Im Rahmen des Forschungsverbunds "German Network for RASopathy Research" ist ihr mit ihrer Arbeitsgruppe nun ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis der Krankheit gelungen. Dazu wurden im Tiermodell bestimmte Bereiche des Großhirns genmanipuliert. Damit wollte die Forscherin vor allem den kognitiven Auswirkungen der Krankheit auf die Spur kommen, die sich in einem niedrigeren IQ, Lernschwierigkeiten und einer mentalen Retardierung bis hin zu geistiger Behinderung zeigen können. Bei den Untersuchungen zeigten sich keine körperlichen Auffälligkeiten wie Herzfehler, die bei einer Mutation im ganzen Körper typisch sind.

Die Mutation führt dazu, dass ein Teil der Kommunikation innerhalb der Nervenzellen - der RAS/MAPK-Signalweg - überaktiv ist. In der Folge kommt es zu schlechteren Gedächtnisleistungen und einer geringeren Neugierde. Während der Studie wurde aber auch klar, dass die Reaktionsfähigkeit der Nervenzellen mit Mutation deutlich abgeschwächt ist. Daher konnten sie nicht so gut auf neuronale Reize antworten: "Das ist eine wesentliche neue Erkenntnis", erläutert Prof. Fejtova. Sie gehe davon aus, dass dies ein kompensatorischer Mechanismus sei, um die basale Überaktivierung des Signalwegs auszugleichen: "Durch die Mutationen verlieren die Zellen ihre dynamische Regulierbarkeit."

Diese Erkenntnisse sind wichtig für die Entwicklung neuer Therapien, mit denen möglicherweise die kognitiven Defizite dieser Krankheiten verbessert werden können. Prof. Fejtova möchte nun Medikamente aus der Onkologie erproben, die die Überaktivität des Signalwegs in der Zelle dämpfen sollen: "Wenn man sie in sehr niedriger Dosierung und nur kurzzeitig in einem bestimmten Zeitraum der Entwicklung verwendet, könnten sie helfen, um den kognitiven Einschränkungen entgegenzuwirken", sagt Anna Fejtova.