Bessere Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal in Kliniken gefordert

Zuviel Arbeit, zu wenig Personal, Millionen Überstunden. Die Belastung für Pflegekräfte in den Krankenhäusern im Land sind enorm. Forderungen an die Politik laufen seit Jahren ins Leere, sagt die Gewerkschaft Verdi. Zeit für eine bundesweite Kampagne - und Streiks?

Zuviel Arbeit, zu wenig Personal, Millionen Überstunden. Die Belastung für Pflegekräfte in den Krankenhäusern im Land sind enorm. Forderungen an die Politik laufen seit Jahren ins Leere, sagt die Gewerkschaft Verdi. Zeit für eine bundesweite Kampagne - und Streiks?

Mit einer bundesweiten Kampagne will sich die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im kommenden Jahr für das Pflegepersonal stark machen und bessere Arbeitsbedingungen in Kliniken durchsetzen. Die Situation auf den Stationen sei mittlerweile so bedenklich, dass das auch auf die Versorgung der Patienten durchschlage, sagte ein Verdi-Sprecher am Dienstag. "Die Pflegekräfte signalisieren uns: 'Am dringendsten brauchen wir Entlastung'", betonte er. Zuvor hatten Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten darüber berichtet. Verdi fordert unter anderem eine Mindestbesetzung auf Klinikstationen, verlässliche Arbeitszeiten und einen Freizeitausgleich für geleistete Überstunden.

Die Kampagne wird nach Worten des Sprechers seit Monaten vorbereitet, sei in den einzelnen Bundesländern aber zeitlich unterschiedlich getaktet. In Baden-Württemberg sollen zwischen Februar und April konkrete Forderungen formuliert und bis zum Frühsommer 2017 alle Träger der Kliniken zu entsprechenden Verhandlungen aufgefordert werden. Auch Streiks seien als letzte Konsequenz nicht ausgeschlossen.

"Baden-Württemberg marschiert unter den Bundesländern bei Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in der Pflege vorneweg", hieß es dazu aus dem Sozialministerium. Die Enquete-Kommission "Pflege in Baden-Württemberg zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten" habe schon in der letzten Legislaturperiode viele Handlungsempfehlungen erarbeitet - "von der Entlohnung bis zu Personalausstattung", sagte ein Ministeriumssprecher. "In der Politik tut sich trotz zahlloser Appelle nichts", kritisierte der Verdi-Sprecher. Deswegen müsse nun tarifpolitisch etwas geschehen.

Für Verdi sei dies ein besonderer Schritt. "Salopp gesagt kämpfen wir sonst klassischerweise für mehr Geld oder kürzere Arbeitszeiten", sagte der Sprecher. Die Situation in den Krankenhäusern spitze sich aber derart zu, dass die Gewerkschaft nun zusätzliche Forderungen aufstelle und, unabhängig von Gehaltsverhandlungen, vertraglich festschreiben wolle. Mindestbesetzungen auf Stationen etwa wurden im Juni bundesweit erstmals im Berliner Krankenhaus Charité in einem Tarifvertrag geregelt.

Solche Forderungen umzusetzen koste natürlich Geld, sagte der Verdi-Sprecher. Deswegen würden alle Krankenhausträger zu Tarifverhandlungen aufgerufen, damit am Ende keiner Wettbewerbsnachteile erleide. Wann es 2017 zu ein Ergebnis geben könnte, sei offen.

Im Südwesten gibt es nach Angaben der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) rund 270 Krankenhäuser; laut Statistischem Landesamt arbeiten dort 52 000 Menschen in der Pflege. Die Verdi-Kampagne richtet sich nach Angaben von Gewerkschaftssekretär Jürgen Lippl an rund 160 Akutkliniken im Land. Dort fehlten rund 7200 Stellen.