Ärztemangel betrifft auch englisches Gesundheitswesen

Etwa 90% der Chefs von Trägerorganisationen im englischen Gesundheitswesen sehen das Wohl von Patientinnen und Patienten wegen fehlenden Personals in Gefahr. Knapp 60% rechnen außerdem damit, dass dem Nationalen Gesundheitsdienst NHS der schwierigste Winter überhaupt bevorsteht.

100.000 Stellen in englischen Kliniken unbesetzt

Etwa 90% der Chefs von Trägerorganisationen im englischen Gesundheitswesen sehen das Wohl von PatientInnen wegen fehlenden Personals in Gefahr. Knapp 60% rechnen außerdem damit, dass dem Nationalen Gesundheitsdienst NHS der schwierigste Winter überhaupt bevorsteht. Das geht aus einer Befragung der Dachorganisation NHS Confederation hervor. Die Zustände im Gesundheitsdienst spielen, neben dem Brexit, eine große Rolle im Wahlkampf. Am 12. Dezember wählen die Briten ein neues Parlament.

Allein in England seien etwa 100.000 Stellen in Kliniken unbesetzt, sagte Niall Dickson, der Geschäftsführer der NHS Confederation. Es fehle etwa an ÄrztInnen, RettungsassistentInnen und KrankenpflegerInnen. Er warnte die Parteien davor, keine übertriebenen Wahlversprechen zu machen. "Wir brauchen mehr Investitionen." Aber selbst dann dauere es, bis sich die Lage wieder entspanne. Befragt worden waren 131 GeschäftsführerInnen, DirektorInnen und Vorsitzende von Trägerorganisationen im englischen Gesundheitsdienst.

Der NHS gilt schon lange als marode und unterbesetzt. Besonders im Winter, wenn unter anderem zahlreiche Grippefälle hinzukommen, gelangen die Kliniken schnell an ihre Kapazitätsgrenzen. Oft müssten Operationen verschoben werden, die Wartezeiten in Notaufnahmen erreichten inzwischen einen historischen Negativrekord.

NHS ist neben Brexit wichtigstes Wahlkampfthema

Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers John Curtice ist der weitgehend aus Steuergeldern finanzierte NHS neben dem Brexit das wichtigste Thema im Wahlkampf. Die Opposition wirft den Konservativen schon lange vor, den Gesundheitsdienst kaputt gespart zu haben.

Der jetzige Premierminister Boris Johnson hatte vor über drei Jahren beim Brexit-Referendum WählerInnen mit einer irreführenden Aussage geködert: Er verwies darauf, dass London pro Woche 350 Millionen Pfund (etwa 409 Millionen Euro) an Brüssel überweise, die im Falle eines EU-Ausstiegs an den NHS gehen könnten. Diese Botschaft ließ er sogar auf einen roten Bus drucken, mit dem er durch das Land fuhr. Er verschwieg aber, dass die tatsächliche Summe weitaus niedriger ist und auch viel Geld in Form von Fördermitteln wieder zurückkommt.