Allzeit bereit für die Betriebsprüfung

Im Prinzip muss jede Arztpraxis damit rechnen, dass sie im Laufe ihres Bestehens einer Außenprüfung durch das Finanzamt unterzogen wird. Was Ärzte hierzu wissen sollten, legt Steuerberater und Fachanwalt Frank Stendel von der Sozietät Buse - Diercks - Stendel in Hamburg dar.

Im Prinzip muss jede Arztpraxis damit rechnen, dass sie im Laufe ihres Bestehens einer Außenprüfung durch das Finanzamt unterzogen wird. Was Ärzte hierzu wissen sollten, legt Frank Stendel von der Sozietät Buse - Diercks - Stendel in Hamburg dar. Er ist Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht und für Handels- und Gesellschaftsrecht.

esanum: Wie viele Jahre prüft das Finanzamt rückwirkend, Herr Stendel?

Stendel: Das Finanzamt prüft grundsätzlich die letzten drei abgeschlossenen Jahre, für die der Steuerbescheid vorliegt. Stellt der Prüfer fest, dass Steuern hinterzogen wurden, kann er bei der zuständigen Dienststelle für Steuerstrafsachen beantragen, weiter rückwirkend prüfen zu dürfen. Die Stelle kann den Zeitraum auf zehn Jahre erhöhen. Dies entspricht der Aufbewahrungspflicht für Buchungsunterlagen gemäß § 147 der Allgemeinen Abgabenordnung (AO).

esanum: Auf welche Steuerarten bezieht sich die als Betriebsprüfung bekannte Außenprüfung?

Stendel: Bei freiberuflich tätigen Ärzten mit einer Einzelpraxis bezieht sich die Prüfung auf die Einkommenssteuer, der sämtliche Einkünfte aus beruflicher Tätigkeit, Kapital und Grundstücken unterliegen. Die Prüfung von Personengesellschaften beschränkt sich hingegen auf die Einkünfte, welche die Inhaber im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als Ärzte angegeben haben. Im Ermessen des Finanzamtes liegt es, ob die Einkommenssteuer der Ärzte zusätzlich geprüft wird. Allerdings hat der Innendienst des Finanzamtes die Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung meist schon geprüft, da die hierfür benötigten Unterlagen überschaubar sind.

esanum: Gibt es Bereiche, die regelmäßig geprüft werden und wie lassen sich diese steuerlich korrekt darstellen?

Stendel: Nach meinen Erfahrungen achtet das Finanzamt immer stärker darauf, dass die Formalitäten eingehalten werden. Vor allem die Bareinnahmen müssen vollständig und richtig, also mit Datum, Leistung und ggf. Mehrwertsteuer, ausgewiesen werden, selbst wenn Ärzte kein formales Kassenbuch führen müssen. Bei Firmenwagen prüft das Finanzamt regelmäßig die Voraussetzungen und ob die Ausgaben steuerlich korrekt angesetzt sind. Ein elektronisches Fahrtenbuch, das keine nachträglichen Änderungen erlaubt, kann für den Nachweis hilfreich sein. Allerdings wird der Firmenwagen in Großstädten wie Hamburg kaum noch anerkannt. Anders ist es auf dem Land, wo die Ärzte für einen Hausbesuch mitunter weite Strecken zurücklegen. Als dritten Punkt möchte ich die Kosten für den Erwerb eines Kassenarztsitzes nennen. Grundsätzlich gilt die Zulassung als immaterieller Wert, der sich nicht abnutzt und folglich nicht abgeschrieben werden kann. Wenn mit der Zulassung jedoch die gesamte Praxis samt Inventar und Patientenstamm erworben und mindestens über ein halbes Jahr fortgeführt wird, kann der Käufer die inkludierten Zulassungskosten ebenfalls über acht Jahre abschreiben.

esanum: Welche Anforderungen richtet die Finanzverwaltung an die Buchführung?

Stendel: Als Freiberufler brauchen niedergelassene Ärzte ihre Bücher nicht im Sinne einer kaufmännischen Buchführung mit Inventur, Kassenbuch und Gewinn- und Verlustrechnung zu führen. Nur wenige Großpraxen bilanzieren trotzdem, um sich einen besseren Überblick über die Geschäftsvorfälle verschaffen zu können; sonst reicht eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung, bei der nur die tatsächlichen Geldeingänge berücksichtigt werden und keine Forderungen. Doch auch hier gelten die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung gemäß § 146 AO, d.h. keine Buchung ohne Beleg. Die Bücher sind so zu führen, dass sie für das Finanzamt verständlich und zugreifbar sind, auch wenn die Buchung elektronisch erfolgt.

esanum: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Prüfung aus?

Stendel: Das Finanzamt hat eine Prüfsoftware, um die elektronisch bereitgestellten Daten auf Plausibilität prüfen zu können. Hierzu gehört, ob die erfassten Leistungsdaten in realistischer Beziehung zu den Einkünften stehen. Problematisch ist nun, dass die Praxissoftware in der Regel nicht nur abrechnungsrelevante Daten enthält, sondern Detailinformationen über die Patienten. In der Verantwortung des Arztes liegt es, seiner Schweigepflicht bestmöglich nachzukommen. Die Lösung kann eine Software sein, bei der die Abrechnungs- und Leistungsziffern losgelöst von weitergehenden sensiblen Patienteninformationen wie der Diagnose ausgeworfen werden können.

esanum: Kann der Steuerpflichtige eine Betriebsprüfung ablehnen?

Stendel: Nein, er muss sich prüfen lassen, kann jedoch Einspruch erheben, wenn der Steuerbescheid vorliegt. Der Fall wird dann nochmals geprüft.

esanum: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Stendel!