Blutgefäße schnell und gezielt vergrößern

Bei Herzinfarkten und Schlaganfällen muss die Blutversorgung möglichst schnell sichergestellt werden, um größere körperliche Schäden zu vermeiden. Ein neuer Mechanismus soll die Endothelzellen vergrößern und den Blutdurchfluss schnell verbessern.

Endothelzellen spielen entscheidende Rolle

Bei Herzinfarkten und Schlaganfällen muss die Blutversorgung möglichst schnell sichergestellt werden, um größere körperliche Schäden zu vermeiden. Zoologen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) setzen auf einen neuen Mechanismus, um die Endothelzellen zu vergrößern und damit binnen Stunden den Blutdurchfluss zu verbessern.

Professor Ferdinand le Noble, Leiter der Abteilung Zell- und Entwicklungsbiologie am Zoologischen Institut (ZOO) des KIT verfolgt einen völlig neuen Ansatz. Das Team wolle nicht die Anzahl an Blutgefäßen erhöhen, sondern die vorhandenen Arterien erweitern, damit sie mehr Blut durchlassen. Bereits kleine Veränderungen des Gefäßdurchmessers hätten eine immense Auswirkungen auf den Blutfluss. Aber: Die Bildung neuer Arterien nach einem Gefäßverschluss dauert mehrere Tage. Diese Zeit habe ein Kardiologe bei einen akuten Herzinfarkt nicht.

Zwei Mechanismen können den röhrenförmigen Innenraum der Blutgefäße schnell erweitern. Zum einen die vermehrte Produktion von Endothelzellen und zum zweiten die Vergrößerung bereits vorhandener Endothelzellen. Um nach einem Gefäßverschluss die Blutgefäße zu erweitern, sollten die Mechanismen strömungsunabhängig sein.

Protein soll nur lokal aktiv sein

Das Protein VEGF ist als Schlüsselprotein in der Gestaltung und Ausbildung des Gefäßsystems bekannt. Gezielte Gefäßerweiterungen setzen voraus, dass VEGF nur lokal, also dort, wo es wirken soll, aktiv ist. Mit einem bestimmten Mechanismus lässt sich die lokale Menge an VEGF dosieren. VEGF gibt das Signal für eine gezielte Vermehrung der Endothelzellen und für eine Neumodellierung des endothelialen Zytoskeletts, in deren Folge sich der Durchmesser der Arterie erweitert. Mit der Neumodellierung, also der Größenzunahme der Endothelzellen, müssen die Zellen gleichzeitig auch stabiler werden, damit sie sich ohne Verletzungen oder Ausstülpungen ausdehnen können. Hier kommt ein weiteres Protein zum Einsatz. Trio sorgt als "Masterregulator" dafür, dass der Umbau des endothelialen Gerüstes an den richtigen Stellen stattfindet.

Noble hofft, dadurch langfristig zu einer Verbesserung der Behandlung akuter Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen zu können. Der neue Mechanismus wurde an Zebrafischembryonen und Modellen von Endothelzellen erfolgreich nachgewiesen, jetzt soll er weiter präklinisch erprobt werden. Perspektivisch könnten die Ergebnisse der Forschungen am ZOO in die Entwicklung von Wirkstoffen einfließen, die zum einen mittels VEGF in Arteriolen selektiv Wachstumsprozesse anregen, zum anderen das Protein Trio aktivieren und deaktivieren. An der vierjährigen Studie waren neben dem KIT auch das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) mit seinen Standorten Heidelberg, Göttingen und München sowie Forschungskollegen aus den Niederlanden und Finnland beteiligt.