CNAO: Zentrum für Onkologische Hadronentherapie

Das Landeszentrum für Onkologische Hadronentherapie (CNAO) in Italien ist eine der wenigen Einrichtungen für Hadronentherapie weltweit. Wie die Behandlung funktioniert, erklärt uns Dr. Viviana Vitolo.

Interview mit Dr. Viviana Vitolo

Übersetzt aus dem Italienischen

esanum: Welche Krankheiten lassen sich potenziell mit der Hadronentherapie behandeln?

Es gibt verschiedene Anwendungsgebiete:

esanum: Ist die Wirksamkeit der Hadronentherapie auf den spezifischen Nutzen der Behandlung selbst zurückzuführen oder eher auf den Schutz des umliegenden gesunden Gewebes?

Die Vorteile der Hadronentherapie speziell mit Kohlenstoffionen beruhen auf den strahlenbiologischen Eigenschaften der Teilchen, die aufgrund ihrer Ladung und Masse in den betroffenen Tumorzellen zwei bis vier Mal mehr Zerstörungskraft besitzen als Röntgenstrahlen.

Auch die räumliche Selektivität sowohl der Protonen als auch der Kohlenstoffionen ist eine Besonderheit der Hadronentherapie, mit der die an die Zielstelle abgegebene Dosis erhöht und gleichzeitig das benachbarte gesunde Gewebe verschont werden kann. Zwischen der höheren Dosis, die an den Tumor abgegeben wird (Dosiseskalation), und der erwarteten potenziellen Zellschädigung besteht ein direkter Zusammenhang.

esanum: Gilt diese Therapie als erste Wahl?

Wie die konventionelle Strahlentherapie ergänzt auch die Hadronentherapie andere Behandlungsformen gegen Krebs im Rahmen eines multidisziplinären Behandlungskonzepts. Sie ist im Allgemeinen nicht die erste Wahl der Therapie.

esanum: Welche Krebserkrankungen wurden im CNAO bisher am häufigsten behandelt?

Tumore im Kopf- und Halsbereich (Speicheldrüsen, Sarkome), an der Wirbelsäule und im Brust- und Bauchbereich (Sarkome), neuroonkologische Erkrankungen (intrakranielle Meningiome und Chordome) sowie Augenmelanome.

esanum: Wie viele Patienten wurden seit der Inbetriebnahme des CNAO behandelt? Wer sind die typischen Patienten?

Mehr als 3.700 Patienten wurden behandelt, darunter über 2.000 Männer und mehr als 1.600 Frauen. Es sind alle Altersklassen vertreten, wobei die meisten Patienten zwischen 40 und 80 Jahre alt sind. Der Großteil kommt dabei aus Italien.

esanum: Wie sieht der Therapieverlauf Ihrer Patienten aus?

Die Überweisung des Patienten oder der Patientin an das CNAO erfolgt nach Besprechung des Falls durch ein multidisziplinäres Gremium des überweisenden Krebszentrums, mit dem das CNAO zusammenarbeitet. Häufig schicken auch Kollegen aus anderen Einrichtungen ihre Fälle mit der Bitte um Beurteilung für eine Therapie, indem sie sich direkt an die behandelnden Ärzte der jeweiligen Pathologie wenden. Einige Patienten reichen ihre Unterlagen auch selbst beim Zentrum ein. Mit der Schaffung von Onkologie-Netzwerken wird dies in Zukunft weniger der Fall sein.

CNAO: Centro Nazionale di Adroterapia Oncologica (Landeszentrum für Onkologische Hadrontherapie)

Behandlungsraum der Hadrontherapie, Bild: CNAO

esanum: Gibt es vom Krankheitsbild unabhängige Ausschlusskriterien?

Es gibt keine absoluten Ausschlusskriterien für die Behandlung mit der Hadronentherapie. Wie bei der konventionellen Strahlentherapie auch muss der Patient unbedingt mitarbeiten und bereit sein, ruhig auf der Liege zu bleiben.

esanum: Wie läuft die Behandlung ab?

Die Therapiesitzung dauert im Schnitt 20 bis 25 Minuten. In dieser Zeit enthalten sind die Voruntersuchungen, also die radiologische Messung (zweidimensional oder volumetrisch), mit der sichergestellt wird, dass die Position des Patienten mit derjenigen am Tag der CT-Simulation übereinstimmt. Danach wird der Strahl abgegeben, der je nach Anzahl der zu behandelnden Bereiche (in der Regel zwei oder drei), der Art des Ziels (statisch oder beweglich) und der Größe des Ziels unterschiedlich lange dauert.

esanum: Wie fügt sich das CNAO in das "Europäische Netzwerk der Krebsforschung" ein?

Wir arbeiten mit vielen europäischen Forschungszentren zusammen. So ist das CNAO beispielsweise federführender Partner beim Projekt HITRIPlus (Heavy Ion Therapy Research Integration Plus), das 22 Universitäten und Forschungszentren aus 14 Ländern zusammenbringt, um die Forschung zur Verwendung von Kohlenstoffionen voranzubringen.

CNAO hat sich gerade Euracan (European Rare Adult Cancers Network) angeschlossen, einem von der Europäischen Union geförderten Netzwerk, das 75 hochspezialisierte Krebszentren in 24 Ländern mit dem Ziel vernetzt, die Diagnose, Behandlung und Erforschung seltener Krebserkrankungen bei Erwachsenen zu verbessern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Betreuung und der Unterstützung der Betroffenen.

esanum: Gibt es aktuelle Studien und wie sind die Aussichten die für Zukunft?

Mit seiner fortschrittlichen Therapie ist das CNAO im Prinzip ein Zentrum, bei dem die Forschung an oberster Stelle steht. Zu den wichtigsten laufenden Studien gehören: