DFG: Virologinnen und Virologen sollten mit einer Stimme sprechen

Virologinnen und Virologen sollten nach Ansicht der Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Katja Becker, öfter mit einer Stimme sprechen. "Wenn Sie zehn Virologen eine Frage stellen, erhalten Sie unter Umständen mehrere verschiedene Antworten".

Zunächst untereinander diskutieren und sich dann auf gemeinsame Linie einigen

VirologInnen sollten nach Ansicht der Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Katja Becker, öfter mit einer Stimme sprechen. "Wenn Sie zehn Virologen eine Frage stellen, erhalten Sie unter Umständen mehrere verschiedene Antworten", sagte Becker. "Das ist auch verständlich, denn die Antworten hängen vom fachlichen Erfahrungshorizont der Gefragten ab und repräsentieren die so wichtige Vielstimmigkeit einer wissenschaftlichen Community." Wünschenswert wäre es aber gerade in der aktuellen Pandemiesituation, wenn die WissenschaftlerInnen zunächst untereinander diskutieren und sich dann auf eine gemeinsame Linie verständigen würden.

"Das wird aktuell leider zu selten getan", sagte Becker. "Stattdessen werden einzelne Stimmen gehört und von der Politik oder den Medien aufgegriffen. Hinterher müssen diese Stimmen dann oft mühsam wieder in Einklang gebracht werden, wenn es beispielsweise darum geht, politische Entscheidungen zu treffen." Für das große Publikum sei das bisweilen verwirrend und irritierend, außerdem koste es zu viel Zeit. Oft komme in der Gesellschaft nur an, dass die Fachleute sich untereinander nicht einig seien. "In einer Krisensituation wie der aktuellen sollte Kooperation Vorrang haben vor Konkurrenz und der Suche nach Aufmerksamkeit."

Allen WissenschaftlerInnen, die einen Beitrag zur Bewältigung der Pandemie leisteten, gebühre Anerkennung. Raum für Verbesserung sieht Becker aber bei der Kommunikation. So sei festzustellen gewesen, dass Teile der Bevölkerung mit Unverständnis reagierten, wenn Forschende ihren Standpunkt veränderten. "Dass es sich hier um einen kontinuierlichen und offenen Diskurs handelt, dass eine Sicht auf der Grundlage neuer Erkenntnisse weiterentwickelt oder nachjustiert werden muss, das ist nicht unbedingt geläufig", sagte Becker. "An dieser Stelle müssen wir noch besser kommunizieren, wie wissenschaftliche Erkenntnisse zustande kommen. Hierin liegt auch eine große Chance – für die Wissenschaft und die Gesellschaft."

Insgesamt sei die Wissenschaft als gesellschaftliche Orientierungshilfe durch Corona aufgewertet worden. "Ich glaube, dass die Wissenschaft noch nie so sehr in der Mitte der Gesellschaft stand und noch nie so effektiv als Kompass für politische Entscheidungen dienen konnte", sagte Becker. "Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, wissensbasiert zu agieren." Außerdem sei deutlich geworden, wie hilfreich ein kontinuierlich fortgeschriebener Speicher an Grundlagenforschung sei, um zeitnah auf Krisen reagieren zu können.