Durch frühe Aufklärung länger mit Krebs leben?

Die Frage, ob man krebskranke Patientinnen und Patienten möglichst früh über die Schwere ihrer Krankheit informieren sollte, sorgt in der Welt der Medizin immer wieder für kontroverse Debatten. Ein chinesisches Forschungsteam stellte allerdings fest, dass eine frühe offene Kommunikation mit einem durchschnittlich längeren Gesamtüberleben einhergeht.

Bessere Überlebenschancen bei offener Kommunikation

Die Frage, ob man krebskranke Patientinnen und Patienten möglichst früh über die Schwere ihrer Krankheit informieren sollte, sorgt in der Welt der Medizin immer wieder für kontroverse Debatten. Ein chinesisches Forschungsteam stellte allerdings fest, dass eine frühe offene Kommunikation mit einem durchschnittlich längeren Gesamtüberleben einhergeht.

Wenn es um Krebserkrankungen geht, stellt der Lungenkrebs auf globaler Ebene eine der häufigsten krebsbedingten Todesursachen dar. Folgt er bei Frauen an zweiter Stelle nach Brustkrebs, fällt die Mortalitätsrate bei keiner Krankheitsform unter Männern weltweit höher aus. Allein in Deutschland erkranken jährlich 54.000 Menschen an Lungenkrebs, 35.000 davon sind männlich.1 Lungenkrebs zählt vor allem zu den prognostisch ungünstigen Tumoren, da die relative 5-Jahres-Überlebensrate mit 21 Prozent bei Frauen und nur 15 Prozent bei Männern niedrig ausfällt. Die relative 10-Jahres-Überlebensrate liegt sogar lediglich bei 16 bzw. 11 Prozent.2

Nach aktuellen Erkenntnissen einer chinesischen Forschungsgruppe kann eine möglichste frühe Diagnostik und offene Kommunikation über die Schwere der Krankheit allen negativen Emotionen und psychischen Belastungen zum Trotz zu einem besseren Umgang mit der Krankheit und einem längeren Gesamtüberleben mit Lungenkrebs führen. Die Studie hierzu wurde in der Fachzeitschrift "Psycho-Oncology" veröffentlicht.3

ÄrztInnen für Patientengespräche schulen und Krebskranke psychologisch betreuen

Für ihre Untersuchungen konnte die Forschungsgruppe auf eine Gesamtkohorte von nahezu 30.000 Patientinnen und Patienten mit Lungenkrebs zurückgreifen, diese wurden im Zeitraum zwischen Oktober 2002 und Dezember 2016 in die Studie aufgenommen. Die Gesundheitsdaten aller Teilnehmenden wurden alle 6 Monate bis zum Juni 2017 ausgewertet. Bis zum Juni 2017 überlebten 23,1 Prozent aller Testpersonen. Die mediane Überlebenszeit lag bei 11,20 Monaten (95% CI; 10,98‐11,43). Auffällig war, dass die Überlebenszeit bei Patientinnen und Patienten, die über ihre Krankheit frühzeitig aufgeklärt wurden, deutlich höher ausfiel (18,33 Monate vs. 8,77 Monate). Mittels Coxschem Regressionsmodell konnten die Forschenden feststellen, dass die Kenntnis über die eigene Krebserkrankung ein unabhängiger Einflussfaktor hinsichtlich des Gesamtüberlebens darstellt (HR = 0,862; 95% CI, 0,802‐0,851; P < .001).

Dr. Yunxiang Tang, der leitende Studienautor, äußert sich gegenüber dem Nachrichtenportal "EurekAlert!" zu den Studienergebnissen: "Natürlich ist es gut möglich, dass eine umfängliche und offen kommunizierte Diagnose Patientinnen und Patienten mit Krebserkrankung zunächst einmal schockiert. Langfristig profitieren sie allerdings von einer frühen Diagnose. Das spricht auch dafür, dass es in der Praxis dringend notwendig ist, Ärztinnen und Ärzte für Patientengespräche optimal zu schulen. Außerdem sollte auch die psychologische Betreuung und Aufklärung von Patientinnen und Patienten sowie deren Familien stärker in den Fokus rücken."4

Quellen:
1. https://www.lungenkrebs-verstehen.de/de/lungenkrebs-verstehen/haeufigkeit
2. https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Lungenkrebs/lungenkrebs_node.html
3. Su, T, He, C, Li, X, et al. Association between early informed diagnosis and survival time in patients with lung cancer. Psycho‐Oncology. 2020; 1– 8. https://doi.org/10.1002/pon.5360 4. https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-04/w-koc040720.php