Entlassmanagement: Was, wann, wer und vor allem wie?

Trotz Versorgungsstärkungsgesetz gestaltet sich die Entlassung von Patienten, oder vielmehr das, was sich daran anschließt, zu häufig noch als ein Problem.

Bereits der Start des Gesetzes im Jahr 2015 verlief etwas holprig. Schiedsverfahren, Klage, Rückzug der Klage und schließlich das Inkrafttreten des Rahmenvertrags Entlassmanagement am 1. Oktober 2017. Da wartete so manches Klinikum verständlicherweise erst einmal ab, bevor die neuen Regelungen und Strukturen implementiert wurden. Das Inkrafttreten kam dann natürlich als Überraschung und wirbelte den Praxisalltag erst einmal gehörig durcheinander.

Zudem sind neue Gesetze und Regelungen im Allgemeinen stets emotional besetzt. Im Falle des Entlassmanagements sprachen Ärzte und vielfach auch die Pflegefachkräfte beispielsweise vom Verwaltungsmonster. Nicht zuletzt verstärkt nun noch die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die am 25. Mai 2018 in Kraft trat, diesen Eindruck.

Entlassmanagement und die Daten

Das Entlassmanagement beginnt zentral im Klinikum, von dem ausgehend alle weiteren Dienste koordiniert beteiligt werden müssen, wie z. B. die Kurzzeitpflege, die Essensversorgung, soziale Betreuungsangebote oder Krankentransportmöglichkeiten. Das Entlassmanagement ist somit per definitionem ein interdisziplinärer, sektorenübergreifender Prozess.

Was die einen als Datenflut bezeichnen, die es zu erheben gilt, nennen andere einen standardisierten Dokumentationsansatz, der den patientenindividuellen Bedarf an Nachfolgediensten abbildet. Doch was gehört eigentlich alles dazu? Was zeichnet ein gutes Entlassmanagement aus?

Am Anfang steht die Aufklärung und Einwilligung des Patienten, überhaupt nach der Entlassung weiterhin "gemanaged" werden zu wollen. Diese Einwilligung muss schriftlich hinterlegt sein. Gleiches gilt für die Zustimmung zur Datenspeicherung und dem Datenaustausch mit nachgeordneten Diensten im Zuge der DGSVO. Die Ansprechpartner bei Fragen und Problemen müssen bekannt sein und auch an den Wochenenden zeitweise Erreichbarkeit garantieren. Wichtig ist darüber hinaus, jeden Patienten einem Assessment zu unterziehen, ob und in welchem Umfang ein Entlassmanagement notwendig sein wird.

Kernstück sind der Entlassbericht, der Medikamentenplan, insofern der Patient mehr als drei Medikamente über den Krankenhausaufenthalt hinaus benötigt, sowie Checklisten und Entlasspläne mit den Maßnahmen, die dem Patienten bereits zuteilwurden, oder welche in der Nachsorge noch durchzuführen sind.

Problemfall "eingeschränkte Verordnung" durch Klinikärzte

Eine weitere Neuerung ist die eingeschränkte Verordnungsfähigkeit seitens der Klinikärzte. Dies soll den Patienten für die erste Zeit nach der Entlassung aus dem Klinikbetrieb eine nahtlose Erstmedikation garantieren. Das Problem dabei: Klinikärzte haben weder eine lebenslange Arztnummer, wie sie aus der Niederlassung bekannt ist, noch verfügen sie über Erfahrung in der Verordnung von Medikamenten oder Hilfsmitteln. Darüber hinaus fehlt es in den Kliniken noch immer häufig an der notwendigen Hardware, wie z. B. Rezeptdruckern.

Klinikärzte als eingeschränkt verordnungsfähige Ärzte müssen die folgenden Rahmenbedingungen bei der Rezeptierung einhalten:

Nachgeordnete Dienste und Digitalisierung

Die Rolle der Apotheken im Entlassmanagement ist recht einfach geregelt. Sie profitieren deutlich von einem gut geführten Medikationsplan, den der Patient mitführt. Das Ziel der Betreuung in der Apotheke besteht daher auch darin, die Arzneimittelsicherheit und die Compliance des Patienten zu erhöhen.

Mehr als die Hälfte (ca. 60 %) der Belastungen im Entlassmanagement ruht indes auf den Schultern der Pflegekräfte. Im Krankenhaus bereiten sie zumeist die Entlasspapiere vor, im ambulanten Bereich sollen sie Tagespflege und weitere Betreuungsaufgaben realisieren.

Die fehlende Digitalisierung erschwert jedoch die Zusammenarbeit zwischen Pflegediensten und Kliniken, da Patientendaten nicht ausgetauscht werden und so meist mit größerem Zeitaufwand diverse Bögen neu erstellt werden müssen. Hinzu kommt die Belastung der stationären Pflege durch Sprachbarrieren oder Fremdpersonal, die das Entlassmanagement auch in den Kliniken bremsen.

Fazit

Das Entlassmanagement soll garantieren, dass der Patient auch außerhalb des Krankenhauses eine möglichst individuell abgestimmte Anschlussversorgung und Betreuung erhält. Eigentlich hat jedes Krankenhaus bereits seit Jahren ein mehr oder weniger gut funktionierendes Entlassmanagement.

Jedoch führen Sprachbarrieren, seitenlange Zustimmungserklärungen und die noch ungewohnte Verordnungserlaubnis seitens der Klinikärzte zu unnötigen Unsicherheiten und Angst vor Regressen. Ein weiteres Problem liegt darin begründet, dass nachgeordnete Dienste, wie die ambulante Pflege von den Rahmenbedingungen für das Entlassmanagement überhaupt nicht berücksichtigt werden. Gerade in Ballungsräumen ist es dadurch schwierig, noch Kurzzeitpflege-Plätze zu bekommen.

Insgesamt gesehen, läuft das Entlassmanagement deutschlandweit , aber noch immer kommt es zu Reibungen im Getriebe. Ein Hauptproblem könnte im fehlenden Datenaustausch zwischen den Diensten liegen, sodass derzeit viele Beteiligte auch Hoffnungen in die Digitalisierung projizieren. Mit den richtigen Schnittstellen und einer guten gesetzlichen Grundlage für den Einsatz der Technologien ließen sich nicht nur Verfahrenskosten einsparen, sondern würde es endlich möglich sein, die Lebenswirklichkeit der Patienten wieder in den Fokus zu bringen und ihre Nachbetreuung zu fördern – dazu braucht es schließlich alle Dienste vom Klinikum über die Apotheke bis zur Pflege oder dem Sozialdienst.

Quelle:
"Das Zusammenwirken der Gesundheitsberufe beim neuen Entlassmanagement: Wer übernimmt die Steuerung, welcher Akteur leistet welchen Beitrag?", Haupstadtkongress 2018, Berlin am 7. Juni 2018