Essener Klinikdirektor in Haft nach unnötiger Lebertransplantation mit Todesfolge

Zunächst ging es nur um angebliche Unregelmäßigkeiten bei Lebertransplantationen an der Uniklinik Essen. Jetzt ist der Fall nach Angaben der Staatsanwaltschaft viel gravierender. Der zuständige Klinikdirektor kam deshalb in Untersuchungshaft.

Staatsanwaltschaft prüft, ob sich noch weitere Transplantationsmediziner der Klinik strafbar gemacht haben

Zunächst ging es nur um angebliche Unregelmäßigkeiten bei Lebertransplantationen an der Uniklinik Essen. Jetzt ist der Fall nach Angaben der Staatsanwaltschaft viel gravierender. Der zuständige Klinikdirektor kam deshalb in Untersuchungshaft.

Der Chef der Chirurgie an der Essener Uniklinik sitzt wegen des Verdachts, für medizinisch nicht notwendige Lebertransplantationen verantwortlich zu sein, in Untersuchungshaft. Eine unnötige Operation, an der er selbst beteiligt war, soll zum Tod des Patienten geführt haben, teilte die Staatsanwaltschaft Essen am Dienstag mit. Der 61-jährige Mediziner habe die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Uniklinik kündigte an, vollumfänglich mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten.

Es werde untersucht, ob es zu weiteren Todesfällen wegen medizinisch nicht erforderlicher Lebertransplantationen gekommen ist, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Zudem prüfe man, ob sich weitere Transplantationsmediziner der Uniklinik Essen strafbar gemacht haben könnten.

Die Ermittlungsbehörde macht den Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie dafür verantwortlich, dass in den Jahren 2012 bis 2015 an sechs Patienten medizinisch nicht erforderliche Lebertransplantationen vorgenommen worden seien. Gegen den Mediziner werde wegen Totschlags in einem Fall, wegen gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen sowie wegen Verstoßes gegen das Transplantationsgesetz in zwei Fällen ermittelt. Der Haftbefehl gegen den 61-Jährigen stütze sich auch auf "die ernstliche Befürchtung, der Beschuldigte könne weitere Taten ähnlicher Art begehen", teilte die Behörde mit.

Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft soll dem Mediziner in allen Fällen bewusst gewesen sein, dass das Risiko der Transplantation höher war als das Risiko durch die Krankheiten der Patienten. Der Arzt habe gewusst, dass für sie risikoärmere, alternative Behandlungsmöglichkeiten mit guter Prognose bestanden. An einigen Operationen soll der Klinikdirektor selbst beteiligt gewesen sein. In den übrigen Fällen soll er die Transplantationen durch andere Ärzte zugelassen haben.

Die Staatsanwaltschaft hatte seit Sommer 2017 zunächst wegen des Anfangsverdachts möglicher Fälschungen von Krankendaten ermittelt. Auslöser war ein Bericht der "Prüfungs- und Überwachungskommission" (PÜK), eines Gremiums von Bundesärztekammer, Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen. Die Auswertung der Krankenakten habe dann zu dem weitergehenden Verdacht geführt, dass teilweise Transplantationen ohne Indikation durchgeführt worden seien.