Europas Abschied von der Maserneradikation

Vor allem in den vergangenen zwei Jahren kam es nicht nur in Deutschland, sondern europaweit, zu wiederholten Masernausbrüchen. Schuld ist die unzureichende Impfabdeckung. Verabschiedet sich Europa nun von der Maserneradikation oder ist das Vorhaben doch noch zu retten?

Verhallt der Weckruf der WHO ungehört?

Vor allem in den vergangenen zwei Jahren kam es nicht nur in Deutschland, sondern europaweit, zu wiederholten Masernausbrüchen. Schuld ist die unzureichende Impfabdeckung. Verabschiedet sich Europa nun von der Maserneradikation oder ist das Vorhaben doch noch zu retten?

Gerade hat die Weltgesundheitsorganistaion (WHO) die Maserndaten für das Jahr 2018 für die europäischen Länder veröffentlicht, mit einem desaströsen Zeugnis mit Blick auf die Impfabdeckung zur Eindämmung der Masern. In einigen Regionen sei das Problem der wieder auftretenden Masernepidemien bereits so groß, dass die WHO Europa insgesamt dazu auffordert, die Impfinterventionen auf Orte und Gruppen zu konzentrieren, die noch immer von großen Impflücken geprägt und daher vulnerabel für die Masernerkrankung sind.

In Europa starben 2018 demnach 72 Kinder und Erwachsene aufgrund einer Maserninfektion. Insgesamt hatten sich im vergangenen Jahr zudem 82.596 Menschen in 47 der 53 europäischen Länder mit Masern angesteckt. Das sei eine flächendeckende Verbreitung und längst kein Problem von Einzelstaaten mehr, so die WHO.

Gleichzeitig lag die Gesamtanzahl der mit Masern infizierten Personen im Jahr 2018 für das gesamte laufende Jahrzehnt bisher am höchsten. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass 2018 dreimal mehr Menschen mit Masern infiziert waren als noch 2017. Verglichen mit dem Jahr 2016 waren es sogar 15-mal mehr Menschen im vergangenen Jahr.

Interessant ist, dass die Masernfäll im Jahr 2018 so stark anstiegen, obgleich euwopaweit seit 2017 die bisher höchste Abdeckung mit der zweiten Dosis des Masernimpfstoffes (90%) erreicht wurde. Die Abdeckung mit der ersten Impfdosis stieg ebenfalls an auf derzeit etwa 95%. Wieso also dennoch diese hohen Infektionszahlen?

Auffällig ist, dass der Impffortschritt regional unterschiedlich ausfällt. Sowohl zwischen den Ländern der EU als auch innerhalb verschiedener Regionen eines Staates lassen sich uneinheitliche Impfraten messen. Dadurch treten regional zunehmend Gruppierungen hervor, die sich aus ungeschützten und gleichzeitig von einer Infektion gefährdeten Personen zusammensetzen. Dadurch, so die WHO sei es 2018 zu dieser bisherigen Rekordanzahl von Masernfällen gekommen.

Impfungen sind in allen europäischen Ländern ein höchst empotional aufgeladenes Spannungsfeld und die Fronten von Impfbefürwortern und Gegnern gelten gleichermaßen als verhärtet. Dennoch, und so lautete der ursprüngliche Plan der WHO, sollten die Masern bis 2020 eradiziert sein und damit dem Beispiel der Pocken folgen. Dieses Ziel wird klar verfehlt werden, doch Impfraten von 90% bis 95% sind ein guter Ausgangspunkt, um an dem Ziel der Eradikation prinzipiell weiter festzuhalten.

Insbesondere Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte sowie Hausärztinnen und Hausärzte sind hier die hauptsächlichen Berater und Impfärzte und sollten sich daher vermehrt mit dem Thema Impfungen und mit der Masernimpfung im Besonderen beschäftigen.

Quelle: World Health Organization - European Region. Press release. Measles in Europe: record number of both sick and immunized. 7 February 2019