Exotische Mücken etablieren sich in Deutschland

Allein in Deutschland gibt es 50 verschiedene Stechmücken-Arten, weltweit mehrere Tausend. Was im Bundesgebiet konkret herumschwirrt, wird seit einigen Jahren mit Bürgerhilfe erfasst. In diesem Jah

Allein in Deutschland gibt es 50 verschiedene Stechmücken-Arten, weltweit mehrere Tausend. Was im Bundesgebiet konkret herumschwirrt, wird seit einigen Jahren mit Bürgerhilfe erfasst. In diesem Jahr war der Anteil der Exoten dabei höher als sonst.

Angler und Ausflügler haben es in diesem Sommer zufrieden bemerkt: 2015 war kein Mückenjahr. “Es war einfach viel zu trocken. Im Frühjahr fehlte nach dem milden Winter die Schneeschmelze und auch später regnete es kaum”, erläutert Doreen Walther, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) im brandenburgischen Müncheberg. “Mücken lieben es nass und brauchen Brutgewässer.”

Seit vier Jahren arbeitet Walther gemeinsam mit Helge Kampen vom Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit in Greifswald an einem bundesweiten Mückenatlas. Das Portal soll Aufschluss über die Verbreitung heimischer und zugewanderter Stechmückenarten geben. Es basiert auf der Mithilfe von Bürgern: Sie sollen im Umfeld vorkommende Mücken einfangen und an das ZALF schicken. Biologin Walther bestimmt anschließend die Art und speist die Datenbank mit dem Fund. “Jede Mücke zählt”, sagt sie. “Wir brauchen noch viel mehr Einsendungen gerade aus dünn besiedelten Regionen Deutschlands.”

Dieses Jahr nur wenige Mücken

Dass es in diesem Jahr kaum Mücken gab, zeigt auch die Zahl der Einsendungen: Nur etwa 3000 Tiere wurden seit Januar in Streichholzschachteln, Pillen- und Filmdöschen oder gepolsterten Briefumschlägen nach Müncheberg geschickt. Vor zwei Jahren, bei weitaus mückenfreundlicherer Witterung, erhielt Walther 12 000 Exemplare.

Dennoch sei das Jahr “sehr spannend” gewesen, sagt sie. Während heimische Arten tiefe Wasserflächen brauchen, reichen eingewanderten Exoten wie der Asiatischen Tigermücke und der Asiatischen Buschmücke kleine Gefäße mit geringem Wasserstand. “Sie legen ihre Eier beispielsweise in Untersetzer von Blumentöpfen oder in die kleinste Pfütze”, erklärt die Forscherin.

Nachweise, dass beide Arten vor allem im Süden Deutschlands bereits vorkommen, gibt es schon seit einigen Jahren. In diesem Jahr wurden vergleichsweise viele der Exoten eingeschickt. “Weil es so wenige einheimische Mücken gab, haben die Einwanderer möglicherweise einen Entwicklungsvorteil”, sagt Walther. Welchen Einfluss sie auf die heimischen Arten haben, bleibt noch zu klären.

Tigermücke überwintert bereits in Deutschland

“Wir gehen davon aus, dass die Asiatische Tigermücke im Raum Freiburg bereits überwintert hat, inzwischen aber auch in Thüringen eine Population zu Hause ist”, sagt die Mückenexpertin. Zudem liegen Hinweise aus Nordrhein-Westfalen und Bayern vor. Die Asiatische Buschmücke hat in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen umfangreiche Bereiche erobert. Erste Vorkommen gebe es auch in Hessen und Bayern, so Walther.

“Tigermücken kommen immer wieder in Autos über die Alpen und werden an Raststätten freigesetzt”, sagte der Parasitologe Egbert Tannich vom Hamburger Bernard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) zu Beginn des Sommers. Schon damals zeichnete sich eine schwache Mücken-Saison ab. Auch der Gebrauchtreifen-Handel nutzt dem Mücken-Transfer: Per Schiff kommen Reifen aus Asien nach Europa, wo sie zerschreddert und für den Straßenbau genutzt werden. In kleinen Wasserpfützen in den Reifen legen die Mücken ihre Eier ab, die dann mit auf die Reise gehen.

Was die exotischen Insekten so gefährlich macht, sind nicht die Stiche an sich, sondern die Krankheiten, die so auf den Menschen übertragen werden können – wie West-Nil-Fieber, Chikungunya oder Dengue. “Der Mückenatlas ist für uns eine wichtige Arbeitsgrundlage. Er zeigt uns, wo sich welche dieser gefährlichen Exoten bereits in Deutschland angesiedelt haben”, sagt die Direktorin des Institutes für Tropenmedizin an der Berliner Charité, Gundel Harms-Zwingenberger. “Wir können das Gefährdungspotenzial für die Verbreitung von Tropenkrankheiten besser abschätzen.”

Text: dpa /fw

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