Fortschritte in Behandlung zweier seltener Stoffwechselkrankheiten

Erstmals liegt nun ein umfassender Überblick aller weltweit verteilt beschriebenen Fälle zweier seltener angeborener Krankheiten vor, bei denen der Ketonkörperstoffwechsel gestört ist.

Erstmals umfassender Überblick zu HMGCLD und MATD vorgelegt

Erstmals liegt nun ein umfassender Überblick aller weltweit verteilt beschriebenen Fälle zweier seltener angeborener Krankheiten vor, bei denen der Ketonkörperstoffwechsel gestört ist.

Mit dem Überblick wurde eine Grundlage geschaffen für eine umfassende ärztliche Beratung betroffener Familien. Prof. Dr. Jörn Oliver Sass von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) konstatiert als Studienmitverfasser, dass die Prognose für eine normale Entwicklung der erkrankten Kinder sehr gut ist.

"HMGCLD" ist die Kurzform für den sperrigen Namen "3-hydroxy-3-methylglutaryl-coenzyme A lyase deficiency", eine Stoffwechselkrankheit, bei der die Aminosäure Leuzin nicht richtig abgebaut wird und Ketonkörper nicht im üblichen Maß gebildet werden können. Bei "MATD", der "2-methylacetoacetyl-coenzyme A thiolase deficiency", einer anderen Krankheit, können Ketonkörper zwar gebildet werden, doch können sich diese Säuren anstauen, weil ihre Verwertung gestört ist.

Beide Krankheiten werden vererbt und gehören als seltene angeborene Stoffwechselstörungen zum Forschungsgebiet von Professor Sass vom Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften und vom Institut für Funktionale Gen-Analytik (IFGA) der H-BRS. Im Förderprogramm "Zeit für Forschung" des Wissenschaftsministeriums des Landes NRW widmet sich Sass drei Jahre lang intensiv diesem Thema und legt nun im letzten Jahr der Förderung zwei weitere Publikationen vor.

Weltweit 211 Fälle von HMGCLD und 244 Fälle von MATD erkannt

"Seltene Stoffwechselstörung" meint wirklich selten. Sass hat zusammen mit Privatdozentin Dr. Sarah Grünert vom Pädiatrischen Stoffwechselzentrum der Uniklinik Freiburg für die Studie weltweit gesucht und nicht mehr als 211 (HMGCLD) bzw. 244 (MATD) in der Fachliteratur dokumentierte PatientInnen gefunden. Laborchemisch zeichnen sich beide Krankheiten durch charakteristische Muster der organischen Säuren im Urin aus. Eine Bestätigungsuntersuchung kann durch spezifische Enzymaktivitätstests und Genanalysen erfolgen. Zwei Fünftel der Erkrankten mit HMGCLD wurden schon als Neugeborene symptomatisch, 80 Prozent im ersten Lebensjahr. Dies unterstreicht eine besondere Bedeutung der Ketonkörper-Bildung schon bald nach der Geburt. Trotz oft früher und schwerer Stoffwechselkrisen ließ sich für die Mehrzahl der HMGCLD-Erkrankte eine normale Entwicklung zeigen.

Beim MATD-Mangel gab es bei 90 Prozent der bekannten Betroffenen  mindestens eine Stoffwechselentgleisung. Zur ersten Krise kam es meist in den ersten beiden Lebensjahren, aber kaum in der Neugeborenenzeit und nicht mehr nach dem achten Geburtstag. In Einzelfällen präsentierten sich die Betroffenen nicht mit akuten Entgleisungen, sondern mit chronischen neurologischen Symptomen. Bei 75 Prozent der beschriebenen Patienten war die Entwicklung unbeeinträchtigt und ohne neurologische Auffälligkeiten. Es scheint besonders wichtig zu sein, dass die erste Entgleisung des Stoffwechsels früh erkannt und angemessen behandelt wird.

Quellen:
https://ojrd.biomedcentral.com/track/pdf/10.1186/s13023-020-1319-7
https://ojrd.biomedcentral.com/track/pdf/10.1186/s13023-020-01357-0