Gedächtnisgen muss früh aktiviert werden

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr - dieser Spruch ist nach Erkenntnissen Hamburger Neurowissenschaftler nicht falsch. Zumindest im Mäuseversuch zeigt sich, dass im frühen Lebensalter ein Gen aktiviert werden muss, um späteres Lernen zu ermöglichen.

Die ersten vier Lebensjahre für Kinder entscheidend

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr - dieser Spruch ist nach Erkenntnissen Hamburger Neurowissenschaftler nicht falsch. Zumindest im Mäuseversuch zeigt sich, dass im frühen Lebensalter ein Gen aktiviert werden muss, um späteres Lernen zu ermöglichen.

Die Entwicklung des Gehirns hängt nach Erkenntnissen von Hamburger Forschern wahrscheinlich von der Aktivierung eines Gens im frühen Kindesalter ab. Darauf deuten zumindest Versuche mit Mäusen hin, wie Prof. Dietmar Kuhl und seine Kollegin Ora Ohana vom Universitätsklinikum Eppendorf im Fachmagazin PNAS berichten. Demnach spielt das Gen mit der Bezeichnung Arc/Arg3.1 eine entscheidende Rolle.

Schalteten die Wissenschaftler das Gen vor dem 21. Lebenstag molekularbiologisch aus, entwickelten sich die Tiere körperlich normal, blieben geistig jedoch zurück. Die ihnen gestellte Aufgabe, eine in trübem Wasser versteckte Plattform mithilfe von Landmarken zu finden, konnten sie nicht lösen. Setzten die Neurowissenschaftler ihre "Gen-Schere" erst später an, so konnten die Mäuse zwar die Lösung finden, sich diese aber nicht merken.

Das erforschte "Gedächtnisgen" gebe es beim Menschen in nahezu identischer Form, sagte Kuhl. Übertragen auf die menschliche Entwicklung bedeute das Versuchsergebnis, dass das Gen in den ersten vier Lebensjahren aktiviert werden müsse. Sonst sei komplexes Lernen im Erwachsenenalter nicht möglich. Die Aktivierung könne über die Umwelt und Erfahrungen, also das Lernen erfolgen, erklärte Kuhl. "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr", überschrieb die Pressestelle des Klinikums ihre Mitteilung.

Es gebe bereits Hinweise auf den Zusammenhang zwischen dem Gen und Erkrankungen wie Alzheimer, Autismus und Schizophrenie, sagten die Forscher. Bekannt sei der Fall einer Familie in den USA. Deren Kindern fehle nur ein kleines Stück des Gedächtnisgens, sie hätten aber gravierende Probleme beim Denken und neuropsychiatrische Störungen. Ein Zuviel des Gedächtnisgens oder eine zu frühe Aktivierung wird laut Kuhl dagegen für eine Form des Autismus verantwortlich gemacht.

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