Gestresste Knochen heilen schlechter

Chronischer psychosozialer Stress behindert massiv die Knochenheilung nach Frakturen. In einer aktuellen Studie zeigte sich zudem, dass die stressbedingten Knochenheilungsstörungen mit Hilfe eines häufig verwendeten Betablockers behoben werden können.

Posttraumatische Belastungsstörung hemmt Knochen

Chronischer psychosozialer Stress behindert massiv die Knochenheilung nach Frakturen. In einer aktuellen Studie zeigte sich zudem, dass die stressbedingten Knochenheilungsstörungen mit Hilfe des Betablockers Pro-pranolol behoben werden können.

Wenn Knochen brechen, dauert es im Normalfall Wochen, bis diese wieder verheilt sind. Ein Forschungsteam der Universität Ulm hat nun gemeinsam mit Fachkollegen aus Kalifornien herausgefunden, dass chronischer psychosozialer Stress die Knochenheilung massiv behindert. In der aktuellen Studie konnten sie zudem zeigen, dass sich stressbedingte Knochenheilungsstörungen mit Hilfe des Betablockers Pro-pranolol beheben lassen. Dieser blockiert die Kommunikation von Stresshormonen des sympathischen Nervensystems mit verschiedenen Immunzellen und verhindert damit eine stressvermittelte Überreaktion des Immunsystems.

Menschen, die Extremsituationen erlebt haben – ob im Krieg, auf der Flucht sowie als Missbrauchs-, Gewalt- oder Verkehrsunfallopfer – leiden häufig unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Die Folgen einer solchen extremen Stresserfahrung machen sich nicht nur psychisch, sondern auch physisch bemerkbar. So sind Menschen mit PTBS deutlich häufiger von chronisch-entzündlichen Erkrankungen betroffen und haben zudem ein viel höheres Frakturrisiko.

Bricht sich jemand das Bein, treten kurz danach an der Bruchstelle lokale Immunreaktionen auf. Der Körper sondiert sozusagen die Lage und beseitigt schadhaftes Gewebe. Mit der Zeit überwachsen Knochenzellen den bruchbedingten Spalt und der Bruch heilt ab. So zumindest funktioniert die normale Frakturheilung. Bei langanhaltendem Stress kommt es jedoch zu Störungen dieser akuten immunologischen Prozesse und zu einem Überschießen der Entzündungsreaktion. So entwickeln sich einerseits im Knochenmark vermehrt Immunzellen wie Neutrophile Granulozyten, die an der Bruchstelle in die dort entstandenen Hämatome einwandern. Andererseits ist die Umwandlung von Knorpel zu Knochen und damit die Knochenneubildung gestört. Die Biegesteifigkeit der Knochen nimmt messbar ab, und das neu gebildete Knochengewebe an der Bruchstelle wird nicht mehr so hart.

Ein weiterer Befund: Die überschießende Immunreaktion und die Störung der Geweberegeneration wird über einen molekularen Signalweg vermittelt, an dem bestimmte Rezeptoren beteiligt sind, die auf Adrenalin reagieren (ß-Adrenozeptoren). Es besteht also eine Verbindung zum sogenannten sympathischen Nervensystem. Dies ist ein Teil des vegetativen Nervensystems, über das der Körper auf Stress und Gefahren reagiert. Dieser Adrenalin-vermittelte Signalweg kann zudem durch die Gabe von Pro-pranolol unterbrochen werden, wie die ForscherInnen zeigten. Damit normalisierten sich nicht nur die Immunreaktionen, sondern auch die Knochenheilung verlief wieder ungestört.