GKV unter Druck: Kein Konzept in Sicht trotz Milliardenüberschuss

Trotz Milliardenüberschuss ist die GKV laut Ministerin Warken weiter "massiv unter Druck". Steigende Ausgaben und fehlende Reformen verschärfen die Lage.

GKV „massiv unter Druck“ – Warken hat bislang kein Konzept

Trotz eines Überschusses von 2,8 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2025 steht die gesetzliche Krankenversicherung nach Einschätzung von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken weiterhin „massiv unter Druck“ – aber außer den bereits geplanten Staatskrediten an Kranken- und Pflegeklassen hat das BMG keinen konkreten Plan, wie die Finanzlage im Gesundheitswesen stabilisiert werden kann. Einziges Novum: Die Expertenkommission, die Konzepte für strukturelle Reformen zur Stabilisierung entwickeln soll, wird nun im Laufe des September eingesetzt und soll bereits im Frühjahr 2026 Ergebnisse liefern, die dann 2027 wirksam werden könnten.

Der im ersten Jahr angefallene Überschuss der GKV, so Warken am Freitag bei der Vorstellung der Finanzergebnisse für das erste Halbjahr, soll zur Auffüllung der gesetzlichen Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben verwendet werden. Diese wurde zur Jahresmitte mit 0,16 Monatsausgaben (4,6 Milliarden Euro) abermals unterschritten. Die Gesamtausgaben der GKV stiegen bei einem Mitgliederzuwachs von 0,1 Prozent weiterhin dynamisch um 7,8 Prozent auf 174 Milliarden Euro.

Pflegepersonal: Kosten wachsen um 15,2 Prozent

Stark beeinflusst wird dies abermals durch die mit 9,6 Prozent (4,8 Milliarden Euro) abermals überdurchschnittlich steigenden Ausgaben für die stationäre Versorgung. Ursächlich dafür ist die Refinanzierung der im Laufe des Jahres 2024 stark gestiegenen Tarifgehälter, insbesondere in der Pflege, die sich auf 15,2 Prozent oder 1,6 Milliarden Euro beliefen. Das übertrifft noch einmal deutlich die Dynamik der Pflegepersonalkosten des Vorjahres von plus 11,7 Prozent. Für die ambulante ärztliche Versorgung gaben die Kassen im ersten Halbjahr 7,8 Prozent oder 2 Milliarden Euro zusätzlich aus. Das ist das stärkste Wachstum seit mehr als zehn Jahren. Ursächlich dafür sei, so das BMG, dass für 2025 mit 3,85 Prozent ein deutlich höherer Anstieg des Orientierungswertes vereinbart worden sei. Hinzu kommen politisch gewollte Sonderfaktoren, die das Wachstum beschleunigen: Der Ausbau des ambulanten Operierens (plus 19,5 Prozent), mehr ambulanten Leistungen, die nach Hybrid-DRGs vergütet werden (plus 190 Millionen Euro), extrabudgetär finanzierte Psychotherapie (plus 11,8 Prozent), sowie die überdurchschnittliche Entwicklung der ASV und der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. 

Mit einem Zuwachs von 6 Prozent (1,6 Milliarden Euro) ist das Wachstum der Arzneimittelausgaben in etwa konstant geblieben. Erneut wirkte sich dabei die Dynamik in der ASV aus, in deren Rahmen der Verordnungswerte für Arzneimittel um 29,7 Prozent oder 397 Millionen Euro anstieg. 

Weit über dem Durchschnitt lag der Zuwachs bei den Ausgaben für Schutzimpfungen mit plus 15,8 Prozent oder 230 Millionen Euro. Dazu trug auch die Einführung der RSV-Impfung als Regelleistung der Kassen bei. Vor dem Hintergrund dieser prekären Entwicklung will Bundesgesundheitsministerin Nina Warken weitere Beitragserhöhungen zum Jahreswechsel ausdrücklich nicht ausschließen. Ob und in welchem Ausmaß dies notwendig wäre, liege im Verantwortungsbereich der Einzelkassen. 

Im Grunde genommen ist die Finanzlage der gesamten Sozialversicherung desolat: neben der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Rentenversicherung auch die der Arbeitslosenversicherung, nachdem die Zahl der Arbeitslosen inzwischen wieder die Drei-Millionen-Grenze überschritten hat.