Glioblastom: Die Prognose "riechen"

Um Prognosen über den Verlauf des Glioblastoms stellen zu können, muss bislang Tumorgewebe untersucht werden, was nur über eine Operation möglich ist. Einem Forschungsteam ist es jetzt erstmals gelungen, einen Zusammenhang zwischen dem Riechvermögen von Patientinnen bzw. Patienten und der Schwere ihrer Erkrankung herzustellen.

Verlust des Geruchssinns mit prognostischem Wert

Das Glioblastom ist ein bösartiger und nicht heilbarer Tumor im Gehirn. Um Prognosen über den Verlauf der Erkrankung stellen zu können, muss bislang Tumorgewebe untersucht werden, was nur über eine Operation möglich ist. WissenschaftlerInnen der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) ist es jetzt erstmals gelungen, einen Zusammenhang zwischen dem Riechvermögen von PatientInnen und der Schwere ihrer Erkrankung herzustellen. 

Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 30.000 Menschen an einem Gehirntumor, zwischen 2.500 und 3.000 davon an einem Glioblastom. Das Glioblastom ist besonders schwer zu behandeln und bislang ist eine vollständige Heilung nicht möglich. Die Lebenserwartung Betroffener liegt im Durchschnitt heute bei 15-20 Monaten. Die Wissenschaft ist sehr intensiv auf der Suche nach neuen Therapien und Diagnosemöglichkeiten, und die Zahl der PatientInnen, die mehrere Jahre überlebt haben, nimmt langsam zu.

Schwere der Erkrankung möglichst präzise einschätzen

Entscheidend ist es, die Schwere dieser Erkrankung möglichst präzise einzuschätzen und individuell therapieren zu können. "Wir haben in den vergangenen Jahren durch moderne Diagnostik und maßgeschneiderte Therapien bei diesem Tumor große Fortschritte gemacht“, erklärte Prof. Dr. Martin Glas, Leiter der Abteilung Klinische Neuroonkologie an der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen.

"Jetzt konnten wir erstmals zeigen, dass die Riechfunktion ein sogenannter Biomarker für das Überleben von Hirntumorpatienten sein kann“, sagte Prof. Glas: "PatientInnen, die eine Riechstörung entwickeln, haben eine schlechtere Prognose. Und dies anscheinend ganz unabhängig von der Lage des Tumors“, ergänzte Prof. Dr. Björn Scheffler vom Deutschen Krebskonsortium (DKTK), Direktor der Abteilung Translationale Neuroonkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) am Westdeutschen Tumorzentrum (WTZ).

Riechstörungen bei Hirntumoren nie untersucht

Auf die Spur des Zusammenhangs waren die WissenschaftlerInnen gekommen, da Riechstörungen bei einer Reihe von neurologischen Erkrankungen wie z.B. Parkinson eine Rolle spielen. Bei Hirntumoren wurde das jedoch noch nie untersucht. Die Riechfunktion lässt sich mittels sogenannter Riechstifte ganz einfach testen. Das sind 12 Stifte mit den Düften Pfefferminze, Fisch, Kaffee, Banane, Orange, Rose, Zitrone, Ananas, Zimt, Nelken, Leder und Lakritz.

An der Studie nahmen 73 PatientInnen mit primärem Glioblastom und eine Kontrollkohorte mit 49 PatientInnen mit neurologischen Erkrankungen teil. Die Ergebnisse müssen nun noch in einer unabhängigen und größeren Kohorte überprüft werden. Ziel ist es, durch die einfache Testung des Geruchssinns möglicherweise bessere Aussagen zum Verlauf der Erkrankung oder aber auch der Therapie treffen zu können.