Gröhe spricht in Greifswald über ärztliche Versorgung

Auf dem Land fehlen Hausärzte. Zu Fachärzten müssen Patienten lange Wege in Kauf nehmen. In Greifswald diskutieren Politiker und Ärzte über die medizinische Versorgung in MV. Auch Bundesgesundheits

Auf dem Land fehlen Hausärzte. Zu Fachärzten müssen Patienten lange Wege in Kauf nehmen. In Greifswald diskutieren Politiker und Ärzte über die medizinische Versorgung in MV. Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kommt.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wird am Mittwoch (15.00) in Greifswald zu einem Forum über die ärztliche Versorgungsstruktur in Mecklenburg-Vorpommern erwartet. In Mecklenburg-Vorpommern sind aktuell rund 115 Hausärztestellen unbesetzt. Während in den Städten nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung ausreichend Hausärzte praktizieren, fehlen diese auf dem Land. Hinzu kommt: Rund ein Fünftel der landesweit rund 1130 Hausärzte sind über 60 Jahre alt.

Eingeladen zu der Veranstaltung hat die CDU-Landtagsfraktion und die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Der Bund hat ein sogenanntes “Versorgungsstärkungsgesetz” auf den Weg gebracht, mit dem die ärztliche Versorgung auch in ländlichen Regionen abgesichert werden soll. Durch stärkere Anreize, unter anderem bei der Vergütung, sollen Ärzte für eine Niederlassung in unterversorgten oder strukturschwachen Gebieten gewonnen werden.

Die Kassenärztliche Vereinigung in Mecklenburg-Vorpommern begrüßt grundsätzlich die im Gesetz vorgesehenen Fördermöglichkeiten. Aber es gibt auch Kritik. Demnach sollen künftig Praxen in sogenannten überversorgten Bereichen nicht mehr nachbesetzt werden, wenn der Inhaber beispielsweise aus Altersgründen ausscheide. In Mecklenburg-Vorpommern verkehre sich die beabsichtigte Wirkung ins Gegenteil, hieß es von der KV. Diese Regelung führe zu dramatischen Folgen für die wohnortnahe medizinische Versorgung auf dem Land, weil Stadtpraxen auch die ländliche Bevölkerung versorgen.

Die Absicherung der ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen erfordert nach Aussage des Greifswalder Gesundheitsforschers Wolfgang Hoffmann originelle Modelle und gesetzliche Liberalisierungen. “Wir brauchen mehr Flexibilität im System”, sagte der Leiter des Instituts für Community Medicine. Notwendig seien durchlässigere Konzepte zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, Arbeitsteilung unter Ärzten, Delegation von ärztlichen Tätigkeiten an qualifizierte Kräfte oder der Einsatz der Telemedizin.

Der Gesundheitsforscher warnte vor arztfreien Zonen auf dem Land. “Wir brauchen den Hausarzt wohnortnah – auch auf dem Land, aber wir brauchen nicht überall einen Facharzt”, sagte er. Es sei “eine gewisse Lebenslüge”, dass die gesamte fachmedizinische Versorgung in ländlichen Regionen überall in Wohnortnähe aufrechterhalten werden kann. “Entscheidend ist die Frage, wie erhält der Patient die medizinische Versorgung, die er für seine Krankheit benötigt.” Patienten- oder Rufbusse könnten dafür sorgen, dass Kranke aus Dörfern zu Fachärzten in die Stadt gelangen.

Für den “Demografieeffekt” – das Ausscheiden von älteren Hausärzten aus dem Berufsleben in den nächsten Jahren – sieht Hoffmann bislang keine durchgreifende Lösung. Der Wissenschaftler sieht dabei die beiden medizinischen Fakultäten in Rostock und Greifswald in der Verantwortung. “Wir bilden jährlich an den beiden Fakultäten so viele Absolventen aus, dass es rein zahlenmäßig möglich ist, das Problem zu lösen.” Frühzeitiger Kontakt der angehenden Mediziner zu Hausärzten und Leistungsanreize wie Stipendien von Landkreisen könnten dabei helfen.

Text und Foto: dpa /fw