Herzkrankheiten sind führende Todesursache bei Frauen

Viele Frauen meinen, dass Herzerkrankungen eher Männer treffen. Das ist nicht so. Insgesamt sterben mehr Frauen als Männer an solchen Leiden. Aber in Herz-Studien sind Frauen oft noch unterrepräsen

Viele Frauen meinen, dass Herzerkrankungen eher Männer treffen. Das ist nicht so. Insgesamt sterben mehr Frauen als Männer an solchen Leiden. Aber in Herz-Studien sind Frauen oft noch unterrepräsentiert.

Herzinfarkte sind bei weitem nicht nur Männersache. Viele Frauen meinen immer noch, dass das Herz für sie kein Risiko, sondern dass Krebs weitaus gefährlicher sei. Doch auch bei Frauen sind wie bei Männern Herzkrankheiten die führende Todesursache. Darauf machen Experten mit vielen Veranstaltungen anlässlich des Weltherztages am 29. September aufmerksam.

Zwar sterben in Deutschland immer noch mehr Männer als Frauen am Herzinfarkt – 2012 waren es nach dem jüngsten Herzbericht fast 29 000 Männer und rund 23 600 Frauen. Aber dem Report zufolge reduzierte sich die Herzinfarkt-Sterbeziffer (also die Zahl der Todesfälle auf 100 000 Einwohner) bei Männern in den vergangenen rund 30 Jahren um etwa die Hälfte, bei Frauen dagegen nur um ein Drittel. Und: Insgesamt sterben deutlich mehr Frauen an Herzkrankheiten als Männer, wenn man auch die Todesfälle bei Herzklappenerkrankungen, Herzschwäche und Rhythmusstörungen hinzuzieht.

Frauen mit Herzkrankheiten seien in der Regel um etwa zehn Jahre älter als Männer, sagt Professor Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Das liege an der Östrogen-Produktion der Frauen. Im höheren Alter etwa mit 75 Jahren liefen die Kurven bei Männer und Frauen aber wieder zusammen.

Auch die Wechseljahre haben Einfluss auf das Herz. “Frauen haben vor den Wechseljahren deutlich weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Männer und nach den Wechseljahren eher mehr”, sagt Professor Vera Regitz-Zagrosek, die an der Berliner Charité das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin leitet und als eine der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet gilt. Frauen bekämen die Herzinfarkte im höheren Alter. “Wir wissen aber noch nicht, wie viel der beobachteten Effekte mit dem Alter und wie viele hormonell bedingt sind”, sagt Regitz-Zagrosek. Der Frauenanteil an großen Herzstudien sei immer noch zu gering.

Frauen nähmen das Risiko nicht ernst genug, sagt Regitz-Zagrosek. “Die Frauen glauben, dass sie durch Hormone, das hat man ihnen früher gesagt, vor Herz-Kreislauferkrankungen geschützt sind.” Aber Frauen hätten zumindest nach der Menopause, dem Aussetzen der Regelblutung, “ein genauso hohes Risiko wie die Männer”. Übergewicht, hoher Blutzucker und hohe Blutfette seien ebenso große Risikofaktoren wie bei Männern, hoher Blutzucker sei bei Frauen sogar noch gefährlicher.

“Beunruhigend” nennt die Expertin auch den Trend, dass zunehmend jüngere Frauen unter 60 Jahren oder Frauen vor der Menopause Herzinfarkte bekämen, auch wenn dies nicht die Mehrzahl der Patientinnen sei. Vor allem das Rauchen ist nach Erkenntnissen der Mediziner ein erheblicher Risikofaktor gerade bei jüngeren Frauen. Während bei Männern die Anti-Raucher-Kampagnen griffen, sei das bei jüngeren Frauen noch nicht der Fall.

Hinzu komme, dass bei Frauen öfter als bei Männern auch besondere Formen stressbedingter Herzkrankheiten und Erkrankungen der kleinen Herzkranzgefäße auftreten könnten. Außerdem beobachten die Mediziner spezifische Risikofaktoren bei Frauen. So könnten etwa Bluthochdruck oder Diabetes in der Schwangerschaft das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im höheren Alter steigern, sagt Regitz-Zagrosek. Die Ursachen für diesen Zusammenhang kenne die Wissenschaft noch nicht genau. “Aber es sind Beobachtungen, die in großen Studien abgesichert und wichtig sind.”

Ein Herzinfarkt kann sich bei Frauen auch mit anderen Symptomen anmelden. “Man lernt im Studium immer, dass der Herzinfarkt mit Brustschmerzen und Schmerzen hinter dem Brustbein ausstrahlend zum Arm oder Unterkiefer beginnt”, sagt die ausgebildete Herzchirurgin, Professor Sandra Eifert, vom Klinikum Großhadern in München. “Das können die Frauen haben, das müssen sie aber nicht in jedem Fall haben.” Frauen klagten gelegentlich auch über Oberbauchbeschwerden oder Übelkeit – “also etwas relativ Unspezifisches”. Dies könne die Diagnose verzögern.

Auch bei der Herzkatheteruntersuchung werden nach Worten Eiferts unter Umständen nicht alle Aspekte einer Erkrankung vor allem der kleinen Herzkranzgefäße entdeckt. Der Blutdruckabfall nach einer Gefäßengstelle trete bei Frauen manchmal nicht so drastisch auf wie bei Männern, sondern komme eher allmählich, im Rahmen einer Wandverdickung des gesamten Gefäßes. Die dadurch entstehenden Beschwerden werden dann oft zum Beispiel auf das Alter geschoben.

“Die Frauen bekommen heutzutage primär auch Herkatheter, dann stellt man oft nichts fest, und sie werden nach Hause geschickt”, sagt Eifert. “Das heißt aber nicht zwingend, dass sie keine Herkranzgefäßerkrankung haben.” Ihrer Meinung nach sollten Frauen eine sogenannte funktionelle Untersuchung bekommen, also etwa ein Magnetresonanztomogramm (MRT), um auch kleinere oder feinere Veränderungen der Gefäße feststellen zu können.

“Frauen und Herzkrankheiten sind unterschätzt worden”, sagt Eifert, die eine Herzinsuffizienz- und frauenspezifische Sprechstunde betreut. “Frauenbeschwerden werden oft nicht ernst genommen.”

Text und Foto: dpa /fw