Hirnstudie könnte erklären, weshalb Frauen häufiger an Depressionen erkranken

ForscherInnen haben bei der Gehirnuntersuchung von 115 Personen festgestellt, dass Entzündungen zum Zustand der Anhedonie und Depressionen führen können. Dieser Prozess tritt allerdings nur bei Frauen ein.

Ist Anhedonie ein typisch weibliches Phänomen?

ForscherInnen haben bei der Gehirnuntersuchung von 115 Personen festgestellt, dass Entzündungen zum Zustand der Anhedonie und Depressionen führen können. Dieser Prozess tritt allerdings nur bei Frauen ein.

Weltweit leben über 300 Millionen Menschen mit Depressionen. Die Krankheit tritt bei Frauen allerdings weit häufiger als bei Männern auf. Im Alter zwischen 14 und 25 besteht beim weiblichen Geschlecht eine mehr als doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, depressiv zu werden.

Auch wenn die Unterschiede im späteren Erwachsensein geringer werden, besteht im globalen Schnitt noch eine 1,7-fache Steigerung in der Häufigkeit von Depressionserkrankungen bei Frauen. Ein Schlüsselfaktor schwerer Depressionsstörungen ist Anhedonie. Sie beschreibt das Unvermögen, Freude aus Aktivitäten zu ziehen, die man früher genießen konnte. Aus neurologischer Sicht präsentiert sich Anhedonie als verringerte Aktivität im ventralen Striatum.

Aktuelle Untersuchungen richten den Fokus darauf, wie sich bei den unterschiedlichen Geschlechtern Depressionen im Gehirn manifestieren. Besonders deutlich zeigen die Forschungen von Professor Naomi Eisenberger und ihrem Team, wie unterschiedlich Entzündungen die Gehirnreaktionen auf Belohnungen bei Frauen und Männern beeinflussen.

Anhedonie als Reaktion auf Entzündung

Das Team von Professor Eisenberger gab den 115 Teilnehmerinnen und Teilnehmern entweder eine geringe Dosis Endotoxine, um Entzündungen auszulösen, oder ein Placebo, um die Männer und Frauen von Depressionen zu befreien. 69 der getesteten Personen waren weiblich.

Zwei Stunden nach Verabreichung der Mittel, auf dem Höhepunkt der Entzündungsreaktion auf das Toxin, mussten die TeilnehmerInnen eine Aufgabe erfüllen, bei der sie eine finanzielle Entlohnung zu erwarten hatten. Die Aufgabe wurde in Verknüpfung an einen MRI-Scanner durchgeführt.

Abweichende Effekte bei Frauen und Männern

Die Ergebnisse enthüllten, dass Endotoxin die Aktivität des Belohnungen verarbeitenden ventralen Striatums reduziert. Die ForscherInnen stellten aber ebenfalls fest, dass sich dieser Effekt bei den Geschlechtern unterschied.

"Besonders bei weiblichen Teilnehmerinnen führte das Endotoxin in Erwartung einer Belohnung im Vergleich zum Placebo zu einer verringerten Aktivität des ventralen Striatums. Bei Männern trat dieser Effekt nicht auf", erklären Professor Eisenberger und ihre KollegInnen. Außerdem stand die Abnahme der Aktivität des ventralen Striatums bei weiblichen, aber nicht bei männlichen Teilnehmern, "in Verbindung mit einem Entzündungsanstieg".

Dr. Mona Moieni, Erstautorin der Studie, erläutert: "Die Untersuchungen legen nahe, dass Frauen mit chronischen Entzündungsstörungen besonders gefährdet sein könnten, durch eine abnehmende Sensibilität gegenüber Belohnungen Depressionen zu entwickeln. Bei Patientinnen mit Entzündungen sollte daher besonders genau nach Anzeichen von Depressionssymptomen Ausschau gehalten werden."

Studie belegt erstmals Unterschiede in der neuronalen Empfindlichkeit von Frauen und Männern

"Unsere Studie zeigt erstmals, dass in Verbindung mit Entzündungen bei der neuronalen Empfindlichkeit gegenüber Belohnungen Geschlechterunterschiede existieren. Die Ergebnisse liefern einen Grund dafür, warum Frauen Depressionen weitaus häufiger als Männer erfahren. Das gilt besonders für die Arten von Depressionen, die von Natur aus inflammatorisch sind", kommentiert Professor Eisenberger die Ergebnisse.

Dr. Cameron Carter, Mitverfasser der Studie Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging, äußert sich zur Untersuchung: "Sie hebt die wichtigen Unterschiede hervor, die im menschlichen Gehirn vorliegen, und beschreibt einen Mechanismus, der die größere Häufigkeit für Depressionen bei Frauen erklären könnte."

Quelle:
Sex Differences in the Relationship Between Inflammation and Reward Sensitivity: A Randomized Controlled Trial of Endotoxin. In: Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging.
Mona Moieni,Kevin M. Tan,Tristen K. Inagaki,Keely A. Muscatell,Janine M. Dutcher,Ivana Jevtic,Elizabeth C. Breen,Michael R. Irwin,Naomi I. Eisenberger