Infektionen in der Onkologie

Infektionen sind ein Thema, das in der Onkologie in der Vergangenheit ein wenig stiefmütterlich behandelt wurde. Wenig Informationen, kaum einheitliche Definitionen und ausgeprägte Überlappungen zwischen Infektion und immunvermittelter Nebenwirkung führen häufig zu Verunsicherungen. Ein Update klärt auf.

Prophylaxe und Therapie – ein Update

Infektionen sind ein Thema, das in der Onkologie in der Vergangenheit ein wenig stiefmütterlich behandelt wurde. Wenig Informationen, kaum einheitliche Definitionen und ausgeprägte Überlappungen zwischen Infektion und immunvermittelter Nebenwirkung führen häufig zu Verunsicherungen. Ein Update klärt auf.

Infektionen sind häufige Komplikationen der systemischen Therapie bei hämatologischen und onkologischen PatientInnen. Sie sind mit einer hohen Morbidität assoziiert, beeinträchtigen die Lebensqualität deutlich und können eine signifikante Mortalität nach sich ziehen. Lungeninfiltrate sind beispielsweise bei bis zu einem Viertel der Betroffenen mit febriler Neutropenie für die Mortalität verantwortlich. Kommen weitere Komorbiditäten hinzu, steigt der Wert auf über 50% an. Eine Pneumonie ist definiert als mikrobielle Infektion des Lungenparenchyms. Im Röntgenthorax können neue oder zunehmende Infiltrate gesehen werden und der Betroffene weist zudem einige zusätzliche klinischen Zeichen wie Fieber oder Dyspnoe auf. Die mikrobielle Ätiologie bleibt oft ungeklärt. Sowohl multi-resistente Bakterien, als auch Fadenpilze oder Viren können verantwortlich für eine Infektion zeichnen. Wissenschaftler haben beobachtet, dass das Therapieansprechen auf bis zu 78% erhöht werden kann, wenn neben dem Breitspektrum-Antibiotikum primär ein Schimmelpilz-wirksames Antimykotikum verabreicht wird.

Für die Diagnostik sollte eine Computertomographie dem Röntgen vorgezogen werden. Diese verfügt mit 73% über eine deutlich bessere Sensitivität als das Röntgen mit 36%. Vor allem bei Anzeichen einer Infektion der unteren Atemwege wird ein konventioneller Röntgen-Thorax nicht empfohlen. In den meisten Fällen kann auf die Gabe eines Kontrastmittels verzichtet werden, außer bei einem umgekehrten Halo-Zeichen und Hämoptysen. Bei einer Verdichtung, einem Hof, einer Luftsichel, einem umgekehrten Hof oder einem knospenden Baum kann immer von einer Fadenpilz-Infektion ausgegangen werden. Bei diffusen bilateralen perihiliären Infiltraten, ungleichmäßigen Milchglastrübungen, Zysten und zentrilobulären Knötchen liegt hingegen eine Pneumocystis jirovecii-Infektion vor.

Herpes- oder Hepatitis-Infektionen

Herpes-zoster-Infektionen treten in ca. 20% aller Fälle mit akuter lymphatischer Leukämie auf. Nach allogener Stammzelltransplantation steigt die Häufigkeit auf bis zu 80% an. Daher sollte eine Aciclovir Prophylaxe oder eine Impfung durchgeführt werden. Alle KrebspatientInnen sollten vor der Chemotherapie auf Hepatitis B gescreent werden, damit bei Bedarf eine antivirale Prophylaxe erfolgen kann. Ist diese nicht möglich oder wurde sie nicht durchgeführt, sollte spätestens alle zwei Monate ein Monitoring durchgeführt werden. Hepatitis C sollte vor allem bei lymphatischen Erkrankungen detektiert werden. Doch auch bei bestimmten Risikofaktoren, wie beispielsweise einer erhöhten Aminotransferase-Aktivität, Hämodialyse oder bei TransplantatempfängerInnen, sollte ein Screening durchgeführt werden.

Infektionen unter Immuntherapien

In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl neuer Wirkstoffe zur Behandlung hämatologischer Malignome eingeführt. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus bei Infektionskomplikationen im Zusammenhang mit immuntherapeutischen und molekularen Wirkstoffen? Unter einer Blinatumomab-Therapie muss in 25-50% der Fälle mit Infektionen gerechnet werden. Der Wirkstoff führt zu einer raschen und langanhaltenden peripheren B-Zelldepletion und Reduktion der Immunglobulinspiegel. Bei schweren Infektionen wird daher eine Immunglobulinsubstitution empfohlen. Bei einer Behandlung mit Brentuxmab vendotin (BV) ist die Lage noch unübersichtlich. Pneumonien werden in Studien relativ häufig beschrieben. Hinsichtlich einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie ist die Inzidenzrate jedoch unklar. Der Kausalzusammenhang ist noch nicht gesichert. Seit 2012 gibt es dennoch einen Warnhinweis des Herstellers. Bei infektiösen Komplikationen sollte die BV-Therapie unterbrochen werden. Eine Übersicht aller Wirkstoffe, deren Einfluss auf das Immunsystem, mögliche infektiöse Komplikationen sowie Handlungsempfehlungen kann Maschmeyer G et al. (ECIL) Leukemia 2019 entnommen werden.

Quelle: Schalk, Enrico, Dr. med., Magdeburg, von Lilienfeld-Toat, Marie, Prof. Dr. med., Jena, Maschmeyer, Georg, Prof. Dr. med., Potsdam, Symposium: Update Infektionen in der Hämatologie und Onkologie, Jahrestagung der deutschsprachigen Fachgesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), Berlin, 13. Oktober 2019.