Innovative Zelltherapie gibt Organempfängern Hoffnung auf bessere Verträglichkeit

Rund 600 Menschen erhalten pro Jahr in Deutschland eine Lebendnierenspende. Sie könnten dank einer innovativen Zelltherapie zukünftig auf ein geringeres Risiko von Abstoßungsreaktionen und damit die Dosisreduktion von Immunsuppressiva hoffen.

Erste erfolgreiche Behandlungen fanden bereits statt

Rund 600 Menschen erhalten pro Jahr in Deutschland eine Lebendnierenspende. Sie könnten dank einer innovativen Zelltherapie zukünftig auf ein geringeres Risiko von Abstoßungsreaktionen und damit die Dosisreduktion von Immunsuppressiva hoffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Forschungsarbeit, die Wissenschaftler der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications publizierten. Das Verfahren wird am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) bereits klinisch erprobt.

Nach der Transplantation einer Lebendnierenspende ist der Organempfänger bislang ein Leben lang auf toxische Immunsuppressiva mit zum Teil starken Nebenwirkungen angewiesen. Dazu gehören Nierenschäden, kardiovaskuläre Erkrankungen und ein erhöhtes Risiko für Infektionen und Tumorbildungen. Daher ist die Suche nach Strategien, mit denen die konventionelle medikamentöse Immunsuppression minimiert werden kann, ein wichtiges Forschungsfeld. Die Behandlung des Transplantatempfängers mit suppressiven Zellen stellt eine dieser Strategien dar. Eine Arbeitsgruppe um Dr. James Hutchinson und Dr. Paloma Riquelme aus der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des UKR hat nun im renommierten Journal Nature Communications die Mechanismen einer innovativen Zelltherapie beschrieben, die Empfänger eines Lebendnierentransplantats vor Abstoßungsreaktionen schützen kann. 

Makrophagen regulieren T-Zellen zum Schutz des neuen Organs 

Das Verfahren basiert auf dem Einsatz regulatorischer Makrophagen (Mregs). Makrophagen sind Leukozyten, die vielfältige, oft gegensätzliche Funktionen erfüllen: Sie spielen eine Rolle in der Geweberegeneration, tragen nach Aktivierung aber auch zur Inflammation und später dann zur Regulierung der Inflammation bei. Mregs stellen eine stark suppressive Population von Makrophagen dar. "Wir haben nun ein Verfahren entwickelt, um in einem GMP-Labor aus dem Blut des Organspenders Mregs herzustellen. Diese interagieren nach einer adoptiven Übertragung vor der Nierentransplantation mit den Immunzellen des allogenen Empfängers. Die Mregs modifizieren dabei die T-Zellen des Empfängers in induzierte regulatorische T-Zellen, sogenannte iTregs. Diese spezialisierte Untergruppe der T-Zellen unterdrückt die Aktivierung des Immunsystems und reguliert dadurch dessen Selbsttoleranz. Wir gehen davon aus, dass dadurch die Abstoßungsreaktion abgeschwächt wird", fasst Dr. Hutchinson, Leiter der Arbeitsgruppe, die Ergebnisse zusammen. 

Plazenta-Protein spielt entscheidende Rolle 

Zu den neuen Erkenntnissen der Studie gehört auch, dass unter anderem das Protein PAEP bei der Regulierung der T-Zellen des Empfängers nach der Transfusion von Mregs eine entscheidende Rolle spielt. PAEP sorgt unter anderem in der Plazenta dafür, dass der Embryo nicht vom Immunsystem der Mutter abgestoßen wird. Im Verfahren der Arbeitsgruppe um Dr. Hutchinson übertragen die Mregs des Organspenders unter anderem durch PAEP den Schutz vor Abstoßung auf die T-Zellen des Organempfängers. „Wir haben auch herausgefunden, dass dieser Effekt anscheinend nicht nur kurzfristig auftritt, sondern über die Lebensspanne der einmalig verabreichten Mregs hinaus anhält“, nennt Dr. Paloma Riquelme, Erstautorin der Studie, ein weiteres wichtiges Resultat der Untersuchung. "Diese Studie liefert eine pharmakologische Grundlage für die Anwendung der Mreg-Therapie bei allogenen Organtransplantationen und anderen T-Zell-vermittelten Erkrankungen. Mit unseren Ergebnissen rückt der klinische Einsatz dieser Technologie erstmals in greifbare Nähe", freut sich Professor Dr. Hans Jürgen Schlitt, Direktor der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des UKR und Co-Autor der Studie.

Neue Therapie wird im UKR bereits klinisch erprobt 

Was diese Erkenntnisse tatsächlich für die Empfänger einer Lebendnierentransplantation bedeuten, untersucht aktuell die ONE-Studie am Universitätsklinikum Regensburg. Die ONEmreg12-Studie ist Teil des EU FP7-geförderten ONE-Study Konsortiums und wird von Professor Dr. Edward Geissler, Leiter des Bereichs Experimentelle Chirurgie an der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des UKR, koordiniert. In dieser klinischen Phase I/II-Studie erhalten Patienten eine Woche vor der Transplantation einer Lebendnierenspende bei einer Transfusion ein individuell hergestelltes Zelltherapeutikum mit Mregs des Organspenders, um ihre T-Zellen zu iTregs zu modifizieren. „Erste Patienten wurden am UKR erfolgreich behandelt. Ziel der Studie ist die zeitnahe Zulassung des Verfahrens, um die Verträglichkeit von Lebendnierenspenden zu verbessern und Immunsuppressiva zu reduzieren“, informiert Professor Dr. Bernhard Banas, Direktor der Abteilung für Nephrologie des UKR. 
Weitere experimentellen Studien am UKR widmen sich aktuell zudem der Fragestellung, ob diese Zelltherapie zukünftig auch bei anderen Organspenden zum Einsatz kommen kann. 

Quelle Text und Bild: Universitätsklinikum Regensburg