Kassen verklagen Klinikbetreiber auf Kostenerstattung

An den Sozialgerichten in Rheinland-Pfalz sind tausende Klagen von Krankenkassen eingegangen. Sie fordern Klinikbetreiber zu Kostenerstattungen auf. Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenthäler will alle Beteiligten nun an einem runden Tisch zusammenbringen.

An den Sozialgerichten in Rheinland-Pfalz sind tausende Klagen von Krankenkassen eingegangen

Sie fordern Klinikbetreiber zu Kostenerstattungen auf. Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenthäler will alle Beteiligten nun an einem runden Tisch zusammenbringen.

Die Krankenkassen in Rheinland-Pfalz fordern in tausenden Fällen Geld von Klinikbetreibern Behandlungskosten zurück. Auslöser ist das vom Bundestag beschlossene Pflegepersonal-Stärkungsgesetz. Demnach haben die Krankenkassen nur noch zwei statt vier Jahre Zeit, die Erstattung von Behandlungskosten von Krankenhausbetreibern einzufordern. Kritik am politischen Vorgehen auf Bundesebene äußert das Gesundheitsministerium in Mainz.

In den vergangenen Wochen sind dem Landessozialgericht zufolge deshalb mehr als 15.000 "zusätzliche, nicht vorhersehbare" Klagen eingegangen. In Speyer wurden demnach etwa 8000, in Koblenz 4000 und in Mainz 3000 Fälle vor Gericht gebracht. "Seit Anfang des Monats sind rund 800 Klagen aus diesem Sachgebiet bei uns eingegangen", sagte beispielsweise eine Sprecherin des Sozialgerichts Trier der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Zum Vergleich: Die Gesamtzahl aller Verfahren in Trier habe sich im vergangenen Jahr auf 1400 belaufen. Wie das Gericht mit der Masse an Klagen umgehe, müsse noch geklärt werden.

Probleme wurden auf Bundesebene unterschätzt

Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) sagte: "Offenbar wurde auf Bundesebene unterschätzt, welche Folgen die kurzfristige Neuregelung und insbesondere die sehr kurzfristige Stichtagsregelung in der Praxis haben." Sie hätte sich gewünscht, dass der Bund früher das Gespräch mit Krankenkassen und Krankenhäusern gesucht hätte. "Beispielsweise hätte eine längere Stichtagsregelung dazu beitragen können, dass Krankenkassen und Krankenhäuser jene Fälle, bei denen nun der Klageweg beschritten wird, in außergerichtlichen Gesprächen und Vereinbarungen hätten lösen können."

Hintergrund der aktuellen Klagewelle ist ein Urteil des Bundessozialgerichts vom Juni. Demnach müssen Kliniken bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten strenge Vorgaben einhalten, darunter ein Zeitlimit für den Transport in eine Spezialklinik, um eine erhöhte Fallpauschale berechnen zu können. Das Bundesgesundheitsministerium hatte die Verjährungsfrist daraufhin von vier auf zwei Jahre verkürzt. Um Geld zurückfordern zu können, haben die Krankenkassen bis zum 9. November klagen müssen, wie ein Sprecher des Sozialgerichts Mainz erklärte.

Ausmaß der Klagewelle noch unklar

Wieviele Krankenhäuser verklagt werden und um welche Summen es geht, ist noch unklar. Die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz konnte die Auswirkungen der Klagewelle am Dienstag noch nicht abschätzen. "Für einzelne Krankenhäuser könnten die Rückforderungen der Krankenkassen existenzbedrohend wirken", teilte eine Sprecherin mit. Man müsse abwarten, ob die Krankenkassen den vollen Betrag oder nur einen Teil der abgerechneten Leistungen zurückfordern.

Bätzing-Lichtenthäler sagte, alle Bundesländer seien in ähnlicher Weise betroffen, man müsse gemeinsam damit umgehen. Sie wolle eine Beratung aller Gesundheitsminister der Länder initiieren, um sich abzustimmen. Mit Blick auf Rheinland-Pfalz will sie binnen zwei Wochen alle Beteiligten zu einem runden Tisch einladen. Letztlich gehe es darum, die Versorgungsstrukturen für Schlaganfallpatienten zu erhalten. "Niemand muss sich Sorgen machen, im Fall eines Schlaganfalls nicht rechtzeitig versorgt und behandelt zu werden", betonte die Ministerin.