Kompetenzzentrum Demenz: Gute Fortschritte in der Pflege

Was tun, wenn der fast 80-jährige Vater in die Kindheit zurückkehrt und nach der eigenen Mutter sucht? Angehörige müssen mit der Situation klarkommen. Und wenn nicht? Wo finden sie Hilfe?

Weitere Modelle der Alltagsunterstützung benötigt

Was tun, wenn der fast 80-jährige Vater in die Kindheit zurückkehrt und nach der eigenen Mutter sucht? Angehörige müssen mit der Situation klarkommen. Und wenn nicht? Wo finden sie Hilfe?

Zur Betreuung der zunehmenden Zahl Demenzkranker müssen neue Wege gesucht werden. "Wir brauchen mehr als die derzeit 4.000 Tagespflegeplätze", sagte Birgitta Neumann, Leiterin des Brandenburger Kompetenzzentrum Demenz. In den nächsten fünf bis sechs Jahren müsse die Zahl mindestens verdoppelt werden. Wichtig seien flexible Tagespflegen, vor allem im ländlichen Raum, sagte Neumann. Um das zu erreichen, sollten neue Modelle der Alltagsunterstützung entwickelt werden. Vor allem in den Anfangsstadien der Erkrankung könnten einfachere Hilfen greifen.

Nach der aktuellen Pflegestatistik 2015 leben im Land 112.000 pflegebedürftige Menschen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt bei 4,5 Prozent, im Bundesdurchschnitt sind es 3,4 Prozent. Nach jüngsten Prognosen wird es 2040 fast 174.000 Pflegebedürftige geben und der Anteil an der Gesamtbevölkerung auf 8 Prozent steigen.

Kompetenzzentrum bündelt Unterstützungsangebote

Ein großer Teil der Demenzkranken werde zunächst noch in den eigenen vier Wänden versorgt, sagte Neumann. Doch mit fortschreitendem Verlust der Orientierung und des Selbstbewusstseins stiegen die Anforderungen an die betreuenden Familien, die oft an ihre Grenzen stießen. "Angehörige von Demenzkranken kennen diese Situation", beschreibt Neumann. In ihrer Arbeit werden ihr viele Erlebnisse geschildert.

Vor gut einem Jahr hat das Kompetenzzentrum die Arbeit aufgenommen. Über die Einrichtung werden Beratungs- und Unterstützungsangebote gebündelt, um die Lebenssituation Betroffener und ihrer Angehörigen zu verbessern. Vor allem Menschen, die in der pflegerischen, medizinischen und sozialen Versorgung tätig sind, sollen fachliche Unterstützung erhalten.

Angehörige sollen aus erster Hand informiert werden. "Unsere Aufgabe ist es mehr und mehr Angehörigenschulungen mit verschiedenen Trägern und Vereinen vor Ort aufzubauen, um Familien zu stärken", erklärte Neumann. Wichtig sei, Wissen über die Krankheit und den Verlauf zu vermitteln. Nur so könnten sich beide Seiten auf das einrichten, was sie erwarten müssten. Demenz äußere sich ganz unterschiedlich. "Je nachdem, wie die Krankheit verläuft oder in welchem Stadium die Betroffenen sind", sagt Neumann.

Ziel: So lange wie möglich zu Hause pflegen

Bundesweit leben 1,6 Millionen Menschen mit Demenz, in Brandenburg sind es derzeit 55.000. Die meisten sollen so lange wie möglich zu Hause leben und brauchen dafür Unterstützung, aber auch Verständnis. Für 2030 rechnen Fachleute aufgrund der demografischen Entwicklung und der immer älter werdenden Bevölkerung mit knapp 88.000 Erkrankten.

Seit diesem Jahr werden in einem speziellen Kompakt-Kurs Demenz geht alle an unter anderem Polizisten und Verwaltungsmitarbeiter über die Erkrankung informiert - und über die Möglichkeit, wie ein Leben mit der Demenz möglich ist. In acht mal zwei Stunden erhalten Teilnehmer Hinweise, wie sie Situationen entspannen und Konflikte lösen können. 50 Schulungen in ganz Brandenburg sind geplant.

"Demenzkranke können ihr Verhalten nicht ändern, wir aber schon"

Sozialministerin Diana Golze (Linke) sagte zu dem Projekt: "Man begegnet Demenz nicht nur im familiären Umfeld, sondern immer stärker im öffentlichen Raum beim Einkaufen, in der Straßenbahn oder im Restaurant." Je mehr Menschen über die Krankheit Bescheid wüssten, desto deutlicher werde sich die Situation der Betroffenen verbessern.

"Hilfe muss vor Ort ansetzen", betonte Neumann. Der Ehepartner, die Tochter oder der Sohn wollen ihre betroffenen Angehörigen meist solange wie möglich in den eigenen vier Wänden betreuen. "Das geht aber nicht immer ohne Unterstützung", meinte sie. "Menschen mit Demenz können ihr Verhalten nicht ändern, wir aber schon."