Krankheitskeime über den Geruchssinn erkennen?

Prof. Dr. rer. nat. Bernd Bufe vom Campus Zweibrücken der Hochschule Kaiserslautern erforscht mit seiner Arbeitsgruppe die Rolle des Geruchs- und Geschmacksinns bei der Abwehr von Krankheitskeimen.

Keime riechen und schmecken

Prof. Dr. rer. nat. Bernd Bufe vom Campus Zweibrücken der Hochschule Kaiserslautern erforscht mit seiner Arbeitsgruppe die Rolle des Geruchs- und Geschmacksinns bei der Abwehr von Krankheitskeimen.

Mäuse meiden erkrankte Artgenossen. Dabei spielt ein spezielles Riechorgan eine Rolle, mit denen sie infizierte Tiere erkennen können. Eine Studie deckt nun einen neuen Mechanismus auf, den der Geruchssinn und das Immunsystem gemeinsam zur Erkennung und Verhinderung von Infektionen nutzen. Was ist aber mit uns Menschen? Können auch wir drohende Infektionen riechen?

Mechanismus schützt bei Mäusen vor Infektionen

Am Campus Zweibrücken der Hochschule Kaiserslautern untersucht Professor Bernd Bufe vom Lehrstuhl Molekulare Immunologie und Immunsensorik die Rolle des Geruchs- und Geschmacksinns bei der Abwehr von Krankheitskeimen. Er ist Erstautor eines Papers zum Thema, das gerade in der aktuellen Ausgabe von Nature Communications veröffentlicht wurde. "Wir haben eine überraschende Entdeckung gemacht", erklärt Bufe, "es gibt Rezeptoren, die vom Geruchssinn und dem Immunsystem gemeinsam zur Verhinderung von Infektionen genutzt werden. Unsere neue Studie zum Riechsystem, die wir in intensiver Zusammenarbeit mit Prof. Zufall von der Universität des Saarlandes am Jakobsonschen Organ der Maus durchgeführt haben, zeigt, dass Mäuse typische Stoffwechselprodukte von hochgefährlichen Bakterien mit diesem Organ wahrnehmen und vermeiden können." Mäuse sind hierfür ideale Studienobjekte, denn sie besitzen einen sehr ausgeprägten Geruchssinn. Beim Jakobsonschen Organ handelt es sich um ein spezielles Geruchsorgan der Maus, das wie die Riechschleimhaut dem olfaktorischen System zugeordnet wird. "Verschiedene Rezeptoren in diesem Geruchsorgan steuern das Verhalten. Setzt man das Tier dem Geruch eines erkrankten Artgenossens aus, geht es diesem aus dem Weg. Schalten wir den dafür zuständigen Rezeptor aus, fällt auch das Vermeidungsverhalten der Maus weg", sagt Bufe.

Nach Ansicht des Forschers schützen sich die Tiere mit diesem Mechanismus vor Infektionen durch Bakterien. Die Arbeitsgruppe um Professor Bufe stellt sich nun die Frage: Existieren ähnliche Rezeptoren auch in den Sinnesorganen des Menschen und kann man sie benutzen, um Krankheiten zu erkennen? Noch sind sie nicht genau bekannt, aber auch beim Menschen gibt es ähnliche Rezeptoren, die beim Eindringen von Bakterien eingreifen könnten, lange bevor andere Teile des Immunsystems aktiv werden. Beispielsweise helfen Geruchs- und Geschmackrezeptoren dabei, von Bakterien verdorbene Nahrung zu erkennen und zu meiden.

Untersuchung mit Hochdurchsatz-Mikroskopie

"Wir wissen, dass solche Rezeptoren exzellent geeignet sind, komplexe chemische Signaturen von Krankheitserregern zu erkennen und dass einige von ihnen auch in Immunzellen vorkommen", erklärt Bufe. Nach der Hypothese der Arbeitsgruppe könnten diese Rezeptoren daher auch bei der Immunabwehr helfen. Ziel weiterer Forschungen ist es deshalb, herauszufinden, ob solche Rezeptoren beteiligt sind und was nach der Aktivierung der Rezeptoren passiert. Dazu schaut sich das Team die evolutionäre Entwicklung der Rezeptoren bei unterschiedlichen Tieren an. "Wir untersuchen die Gründe, warum manche Tierarten durch bestimmte Bakterien infiziert werden und andere nicht. Dies hilft uns zu verstehen wie wir Infektionen besser verhindern können", beschreibt Bufe seine Arbeit an der Hochschule.

Um die Reaktion der Sinnesrezeptoren auf unterschiedliche Krankheitserreger zu untersuchen wendet die Forschungsgruppe modernste Methoden der Hochdurchsatz-Mikroskopie an.

Peptide helfen dem Körper an vielen Stellen

Dabei werden große Mengen an Proben automatisch bearbeitet. Auf spezielle Platten mit zahlreichen kleinen Vertiefungen wird die zu untersuchende Zellflüssigkeit aufgetragen. Danach werden automatisch Aufnahmen unter dem Mikroskop gemacht und die dabei entstandenen Bilder mit Hilfe einer Software ausgelesen. So kann man in kürzester Zeit viele Versuche gleichzeitig machen. "Mit normaler Mikroskopie würde das Jahre dauern", beschreibt Professor Bufe die Vorteile der Hochdurchsatz-Mikroskopie.

Die Arbeitsgruppe hat sich auf die Erforschung von Formylpeptiderezeptoren spezialisiert. Einzelne Vertreter der Rezeptoren erkennen mehr als 100.000 extrem unterschiedliche bakterielle Signalpeptide. Diese Signalpeptide der Krankheitserreger transportieren Eiweißmoleküle an die Zelloberfläche. "Man kann sich das vorstellen wie ein Barcode oder ein Adressaufkleber, und diese Barcodes können von den Formylpeptiderezeptoren des Immunsystems wahrgenommen werden", sagt Bufe. Rezeptoren für Signalpeptide findet man nicht nur in Immunzellen, sondern auch an anderen Stellen im Körper, zum Beispiel im Darm. Deshalb vermutet die Arbeitsgruppe, dass die Wahrnehmung dieser Peptide dem Körper an vielen Stellen bei der Abwehr von Krankheitskeimen hilft. Ein besseres Verständnis dieser Prozesse kann zu neuen Therapieansätzen für den Kampf gegen antibiotikaresistente Bakterien führen sowie zu der Bekämpfung bestimmter Darmerkrankungen beitragen.