KrebspatientInnen leiden häufig bereits unter Komorbiditäten

Multimorbidität und Polymedikation sind zwei der größten Herausforderungen unserer Zeit. Da viele Krebserkrankungen in der Mehrzahl ältere Patientinnen und Patienten betreffen, steigt schon bei Erstdiagnose das Risiko für weitere Begleiterkrankungen und Polymedikation.

Die Gesamtkrankheitslast bei Tumorerkrankungen schließt auch eine oder mehrere Begleiterkrankungen ein

Multimorbidität und Polymedikation sind zwei der größten Herausforderungen unserer Zeit. Da viele Krebserkrankungen in der Mehrzahl ältere PatientInnen betreffen, steigt schon bei Erstdiagnose das Risiko für weitere Begleiterkrankungen und Polymedikation. Ein dänisches Forschungsteam hat diese Kombination nun erstmals für 20 Krebsarten untersucht.

Mithilfe einer nationalen Register-basierten Kohortenstudie untersuchten die Forschenden PatientInnen mit einer Krebserstdiagnose zwischen 2005 und 2015. Die Multimorbidität wurde definiert als eine oder mehrere von 20 unterschiedlichen Konditionen, die seit weniger als 5 Jahren vor der Krebsdiagnose bekannt waren. Polymedikation lag in Fällen der Einnahme von fünf oder mehr Medikamenten vor.

Jeder zweite Krebspatient ist multimorbide

Von den insgesamt in die Studie eingeschlossenen rund 262.000 PatientInnen mit Krebsdiagnose hatten circa 55% mindestens eine Begleiterkrankung. Rund 27% litten sogar unter zwei oder mehr Komorbiditäten. Am häufigsten anzutreffen waren dabei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, COPD, Diabetes, Schlaganfälle sowie Depressionen und Angststörungen.

Hingegen fand sich bei einem Drittel der PatientInnen Polymedikation. Die in diesen Fällen wiederkehrenden Medikamente gehörten z. B. zu den folgenden Gruppen: Blutdrucksenker, Antihrombose-Medikamente und Schmerzmittel.

Was bedeutet das für die Praxis?

Sowohl die Anzahl und Art der Begleiterkrankungen als auch die Polymedikation stellen ein Risiko für den Therapieerfolg bei Tumorerkrankungen dar. Komorbiditäten allein beeinflussen die Lebensqualität bereits zum Teil erheblich. Darüber hinaus erhöhen sie das Risiko für unerwünschte Ereignisse und Nebenwirkungen. Daher sollten eine intensive Anamnese und klinische Untersuchung auch darauf zielen, Komorbiditäten aufzudecken und diese ebenfalls zu behandeln. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise darauf hingewiesen, dass es noch immer eine hohe Dunkelziffer von Menschen gibt, deren Diabetes mellitus noch nicht diagnostiziert wurde – eine Abklärung vor Beginn der Tumortherapie sollte daher zum Standard gehören, um die Behandlung zu unterstützen und gegebenenfalls das Outcome zu verbessern.

Polymedikation ist ein weiteres Problem unserer älterwerdenden Gesellschaft. In der Tumortherapie ist daher aufgrund möglicher Wechselwirkungen ein besonderes Augenmerk auf die Begleitmedikation der PatientInnen zu richten. Im Fall der neuen Immuntherapieverfahren zeichnet sich zudem ab, dass z. B. Antibiotikabehandlungen vor, während und kurz nach einer Checkpoint-Inhibition problematisch sein können. Die durch eine Reihe von systemischen Antibiotika erzielte Schädigung des Darm-Mikrobioms verändert auch die Immunantwort der betroffenen PatientInnen, was schlimmstenfalls die Immuntherapien unwirksam machen kann.