Krebsrisiko? EU plant Regeln gegen Acrylamid

Man sieht es nicht, aber es steckt in Pommes, Keksen und Co: Acrylamid. Experten zufolge sorgt es für ein höheres Krebsrisiko. Die EU-Kommission will deshalb gegen Acrylamid vorgehen. Kommen jetzt neue Vorgaben für Backstuben, Frittenbuden und Restaurants?

Die EU plant Maßnahmen gegen Acrylamid

Man sieht es nicht, aber es steckt in Pommes, Keksen und Co: Acrylamid. Experten zufolge sorgt es für ein höheres Krebsrisiko. Die EU-Kommission will deshalb gegen Acrylamid vorgehen. Kommen jetzt neue Vorgaben für Backstuben, Frittenbuden und Restaurants?

Kaffee, Keks und Knäckebrot, Pommes, Chips und Flips: Das umstrittene Acrylamid findet sich in kleinen Mengen fast überall in Geröstetem, Gebackenem und Frittiertem - und somit auch bei fast allen Europäern auf dem Teller. Weil der Stoff unter Krebsverdacht steht, will die Europäische Union ihn soweit wie möglich zurückdrängen. Am Mittwochnachmittag fällt ein Expertengremium in Brüssel die Entscheidung über neue EU-Vorgaben für Backstuben, Frittenbuden oder Restaurants. Die deutsche Gastronomie befürchtet ein Bürokratiemonster, Verbraucherschützer hätten sich mehr gewünscht. 

Die Debatte über Risiken durch Acrylamid in Pommes Frites, Chips oder Spekulatius läuft seit 2002, als schwedische Wissenschaftler den Stoff in Lebensmitteln nachwiesen. Er entsteht bei großer Hitze in stärkehaltigen Waren wie Kartoffeln oder Mehl beim Backen, Braten, Rösten oder Frittieren - nicht aber beim Kochen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung stellt klar: Tierstudien "haben gezeigt, dass Acrylamid krebserzeugend wirkt". Deshalb sei es "als mutagener und kanzerogener Stoff mit Bedeutung für den Menschen eingestuft". Die europäische Lebensmittelaufsicht EFSA hält fest, dass Acrylamid im Essen das Krebsrisiko erhöhe.

EU macht genaue Vorgaben für Hersteller

In einem siebenseitigen Regelwerk und 21 Seiten Anhang macht die EU-Kommission professionellen Nahrungsmittelherstellern genaue Vorgaben für die Verarbeitung zum Beispiel für Kartoffeln oder Mehl. Denn es gibt kleine Stellschrauben, um die Entstehung von Acrylamid zu drosseln: weniger Zucker im Rohprodukt, möglichst wenig Hitze, möglichst geringe Bräunung. So will die Kommission unter anderem, dass Kartoffelsorten mit wenig Stärke verarbeitet werden und dass mit Einweichen oder Blanchieren die Stärke vor dem Frittieren ausgewaschen wird, dass mit möglichst niedrigen Temperaturen gegart und Fritten oder Brot nur so stark gebräunt werden wie eben möglich. Bei Produkten zum Selberbacken sollen Verbraucher eine genaue Anleitung bekommen, um auch zuhause Risiken zu vermeiden. Bräunungstabellen sollen einen Maßstab bieten, wie etwa ein Aufbackbrötchen aussehen soll.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband kritisiert hingegen die Verarbeitungshinweise als neue Nachweis- und Dokumentationspflichten für die Branche, die ebenfalls in dem Vorstoß enthalten sind. Sie müssen Proben nehmen und analysieren lassen. DEHOGA nennt dies ein "neues Sinnbild einer überzogenen EU-Regelungswut".

Der europäische Verbraucherverband BEUC vermisst dagegen "rechtlich verbindliche Obergrenzen" für Acrylamid. Die vorgeschlagenen Maßnahmen reichten wahrscheinlich nicht aus, um die "Werte dieses schädlichen Inhaltsstoffs im Essen" zu senken, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands.

Sollte der mit Experten aus den EU-Mitgliedsländern "Ständige Ausschuss" dem Entwurf am Mittwochnachmittag zustimmen, folgt nach dem üblichen Verfahren eine dreimonatige Frist, in der die Mitgliedsländer oder das Parlament Einspruch erheben könnten. Dann liegt das letzte Wort wieder bei der EU-Kommission, die ihren eigenen Vorstoß noch formal absegnen und veröffentlichen muss.

Werden Fritten dann teurer? - Davon ist noch keine Rede. "Die Frage des Aufwandes geht nicht damit einher, ob die Preise erhöht werden", sagt DEHOGA-Sprecher Christopher Lück.