Landärzte können nicht nur durch Geld gewonnen werden

Zwischen Nordsee und Harz herrscht vielerorts Hausärztemangel. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen versucht, mit finanziellen Anreizen Nachfolger für ausscheidende Mediziner zu finden.

Zwischen Nordsee und Harz herrscht vielerorts Hausärztemangel. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen versucht, mit finanziellen Anreizen Nachfolger für ausscheidende Mediziner zu finden.

In Niedersachsen sind zurzeit 325 Hausarztpraxen verwaist. Außerdem fehlen 76 Fachärzte, die eine Praxis übernehmen wollen. Viele junge Ärztinnen und Ärzte gehen lieber in die Forschung als aufs Land. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen will Mediziner für den Beruf des Hausarztes begeistern und in Regionen abseits der großen Städte locken. Der KVN-Vorstandsvorsitzende Mark Barjenbruch glaubt fest daran, die ärztliche Versorgung zwischen Nordsee und Harz auf diese Weise langfristig sicherstellen zu können.

Frage: In welchen Regionen Niedersachsens ist der Hausärztemangel am schlimmsten?

Barjenbruch: Wir haben aktuell im Umland von Bremerhaven und von Wolfsburg eine Unterversorgung, das heißt, dass der Versorgungsgrad unter 75 Prozent liegt. Dies sind allerdings rein statistische Werte. In Deutschland wurde noch nie gemessen, wie viele Ärzte die Bevölkerung tatsächlich benötigt.

Frage: In welchen Gegenden ist zu befürchten, dass Hausarztpraxen frei bleiben, wenn ältere Mediziner aufgeben?

Barjenbruch: In unserer Arztzahlprognose bis zum Jahr 2030 haben wir die schwierigsten Regionen ermittelt. Das sind Harburg-Nord, Leer-Süd, Braunschweig Umland, Nienburg, Sulingen und Buxtehude. Wir versuchen mit finanziellen Anreizen aus dem neuen Strukturfonds des Bundes, junge Mediziner für den Hausarztberuf zu gewinnen. Sie erhalten einen Investitionskostenzuschuss von 60 000 Euro, in unterversorgten Regionen sogar von 75 000 Euro.

Frage: Funktionieren diese Anreize?

Barjenbruch: Im Moment haben wir zehn Anträge von Hausärzten vorliegen, die mit Unterstützung des Fonds eine Praxis gründen möchten. Mit Hilfe des 2014 aufgelegten Niedersachsenfonds haben sich 19 Mediziner niedergelassen, wir konnten aber nicht alle ausgeschriebenen Sitze besetzen. Geld allein reicht nicht, um Landärzte zu gewinnen. Wir müssen auch den Ehepartner für die Fläche begeistern. Deshalb gibt es Partnerschaften mit den Kommunen: Die Bürgermeister wissen am besten, wo es noch Unternehmen auf dem Land gibt, die einen Arbeitsplatz für den Ehepartner haben. Vor drei Jahren hatten wir 391 freie Hausarztsitze. Der Negativtrend ist gestoppt.

Frage: Warum ist der Beruf des Hausarztes für viele unattraktiv?

Barjenbruch: Die Vergütung der Hausärzte hat sich im Vergleich zu früher deutlich verbessert. Es wurden eine Reihe von Änderungen auf den Weg gebracht, die den Beruf attraktiver machen. So besteht zum Beispiel nicht mehr die Pflicht, am Ort der Praxis auch seinen Wohnsitz zu haben. Durch unsere veränderte Bereitschaftsdienst-Struktur fallen maximal noch vier Notdienste im Quartal an. Die Attraktivität der hausärztlichen Tätigkeit hat sich also deutlich verbessert.

ZUR PERSON: Mark Barjenbruch (48) ist seit fünf Jahren Vorstandsvorsitzender der KVN und damit Chef der 13 500 niedergelassenen Mediziner in Niedersachsen. Darunter sind gut 5000 Hausärzte. Der Jurist ist verheiratet und hat zwei Kinder.