Landesärztekammer besorgt über zu niedrige Impfquoten

Nach Ansicht der Bayerischen Landesärztekammer lassen sich zu wenige Menschen gegen Grippe impfen.

Nach Ansicht der Bayerischen Landesärztekammer lassen sich zu wenige Menschen gegen Grippe impfen.

Kammervizepräsident Wolfgang Rechl sieht keine Anzeichen dafür, dass die Quote in diesem Jahr ansteigt. “Die Leute sagen: ‘Jetzt habe ich mich heuer nicht impfen lassen und den Winter gut überstanden, dann brauch’ ichs nächstes Jahr auch nicht mehr'”, sagte Rechl, der selbst impfender Hausarzt ist. Die Patienten unterschätzten die Gefahr. Rechls Prognose: Die Quote werde auch dieses Jahr stagnieren oder noch weiter sinken.

Die Quote sinkt seit Jahren. In Bayern waren laut Robert-Koch-Institut (RKI) 2010/2011 nur rund ein Viertel der Menschen gegen Grippe geimpft. Aktuellere Zahlen liegen dem Berliner Institut nicht vor.

“Viele Leute sagen “Ich habe eine Grippe”, wenn sie eigentlich eine Erkältung haben”, sagte RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Die Grippe durch das Influenza-Virus nehme aber einen “sehr viel schwereren” Verlauf. So beschädige sie Zellen in der Lunge und begünstige dadurch eine potenziell tödliche bakterielle Lungenentzündung. Im Winter 2014/15 seien in Deutschland 20 000 Menschen an Grippe gestorben, der höchste Wert in den vergangenen Jahren. Die Zahl der Todesfälle schwanke stark von Jahr zu Jahr. Dennoch: “Mehrere Hundert Tote gibt es jedes Jahr.”

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) rief am Sonntag zur Grippeschutzimpfung auf. Vor allem chronisch Kranke, ältere Menschen ab 60 Jahren und Schwangere sollten sich impfen lassen. “Unverzichtbar ist die Impfung zudem für das Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen”, erklärte Huml.

Ein Problem der Grippeimpfung ist jedoch ihre geringe Effektivität. Nach Angaben des RKI sind nur 40 bis 60 Prozent der Geimpften wirklich vor dem Virus geschützt. “Es gibt sehr viele verschiedene Stämme der Influenza”, erklärte dies Susanne Stöcker vom für Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Wenn sich die Viren vermehrten, machten sie zudem “viele Fehler beim Abschreiben”, so dass das Virus sich verändere.

Beides führe dazu, dass ein Patient sich mit einem Influenza-Virus infizieren könne, vor dem der Impfstoff nicht schütze, sagte Stöcker. Die Weltgesundheitsorganisation WHO ermittle jedes Jahr aufs Neue die Grippe-Stämme, von denen die größte Gefahr ausgehe. Pharma-Unternehmen produzierten dann passende Impfstoffe.

Müsste aber nicht mehr in die Forschung investiert werden? Rolf Hömke, Forschungssprecher des Verbands forschender Arzneimittelhersteller, weist das zurück: “Einige Hersteller bieten inzwischen Impfstoffe an, die vor mehr Stämmen von Grippeviren schützen als bisherige oder die für Senioren wirkverstärkt sind.” Weitere 15 neuartige Grippeimpfstoffe seien gerade in Erprobung. “Fortschritte gibt es.”

“Letztlich geht es darum, einen Universalimpfstoff zu entwickeln”, ergänzt PEI-Sprecherin Stöcker – das heißt, einen Stoff, der vor allen Grippestämmen schützt und nicht jedes Jahr neu entwickelt werden muss. Eben das sei aber bisher noch nicht gelungen.