Low-Carb-Diät verlangsamt das Wachstum eines aggressiven Hirntumors

Forschern von der University of Florida Health ist es im Mausmodell gelungen, das Wachstum eines notorisch aggressiven Hirntumors durch die Einhaltung einer kohlenhydratarmen Diät zu verlangsamen.

Forschern von der University of Florida Health ist es im Mausmodell gelungen, das Wachstum eines notorisch aggressiven Hirntumors durch die Einhaltung einer kohlenhydratarmen Diät zu verlangsamen.

Die Studie lief unter der Leitung von Brent Reynolds, Ph.D., Professor am Lillian S. Wells Department für Neurochirurgie. Die beteiligten Wissenschaftler fanden heraus, dass eine fettreiche, kohlenhydratarme Diät, die darüber hinaus ein Kokosnussöl-Derivat enthielt, dabei half das Wachstum von Tumorzellen eines Glioblastoms zu reduzieren. Dies verlängerte die Lebensdauer der Mausmodelle um 50 Prozent. Die Ergebnisse wurden vor kurzem in der Zeitschrift Clinical Cancer Research veröffentlicht.

Das Glioblastom ist der häufigste Hirntumor bei Erwachsenen. Gegenwärtig gibt es keine wirksame Behandlung mit der Patienten langfristig überleben können. Wird die Diagnose gestellt überleben Betroffene laut Zahlen des National Cancer Institutes im Durchschnitt nur noch 12 bis 15 Monate.

Behandlungsansatz ist nicht neu

Die Ergebnisse stellen eine neue Variante einer eigentlich alten Idee dar: Die sogenannte ketogene Diät wird beispielsweise seit fast 90 Jahren dazu eingesetzt epileptische Anfälle zu reduzieren. Zukünftig könnte eine fettreiche, kohlenhydratarme Version der ketogenen Diät möglicherweise auch dazu verwendet werden, die Tumorzellen eines Glioblastoms von ihrer Energieversorgung abzuschneiden.

Glioblastomtumore benötigen für ihr Wachstum enorme Mengen an Energie. Die diätetische Intervention funktioniert letztlich durch eine drastische Beschränkung der Glukosezufuhr.

Behandlung verspricht alleine keine Heilung

Obwohl sich diese Methode in präklinischen Tiermodellen als eine wirksame Behandlung herausstellte, muss beachtet werden, dass sie in keinem Fall einen kurativen Ansatz darstellt. Mit dem Erreichten sind die Autoren dennoch so zufrieden, dass der nächste Schritt, die Testung am Menschen, sinnvoll erscheint und angestrebt wird.

Der modifizierte Ernährungsplan, welcher von Reynolds‘ Team untersucht wurde, enthielt ein Derivat aus Kokosnußöl. Dabei handelt es sich um ein besonderes mittelkettiges Triglycerid, da es in der Lage ist einige Kohlenhydrate als Energiequelle zu ersetzt.

Diät bringt auch mehr Wohlbefinden

Reynolds erklärt, dass seine High-Fat-, Low-Carb-Diät darüber hinaus einen weiteren entscheidenden Vorteil bietet: Krebspatienten finden sie möglicherweise schmackhafter, da sie bei ihr mehr Kohlenhydrate und Proteine essen können als bei der klassischen ketogenen Diät.

Reynolds ist der Meinung, dass kranke Menschen so viel Komfort wie möglich benötigen – Gutes Essen ist ein wichtiger Teil dieses Komforts. Aus dieser Überzeugung entstand letztendlich die Frage, ob es möglich sei, eine gesunde Ernährung zu entwickeln, die für den Patienten sowohl schmackhaft als auch einfach in der Anwendung ist.

Lebenserwartung im Mausmodell u  50 Prozent erhöht

Unter der Verwendung menschlicher Glioblastomzellen in einem Mausmodell fanden die Forscher heraus, dass die modifizierte High-Fat, Low-Carb-Diät die mittlere Lebenserwartung der Tiere um 50 Prozent erhöhte. Auch die Tumorprogression konnte in einem ganz ähnlichen Ausmaß reduziert werden. Laut den Wissenschaftlern kann die Ernährung neben dem Abschnitt von der Energieversorgung, das Wachstum von Glioblastomzellen auch dadurch beeinträchtigen, dass ein zellulärer Signalweg, der bei Krebserkrankungen häufig auftritt, verändert wird. Die modifizierte Diät bezieht nur 10 Prozent ihrer Kalorien aus Kohlenhydraten – Im Vergleich zu einem Kohlenhydratanteil von 55 Prozent in der Kontrollgruppe.

Während sowohl die ketogene Diät als auch die modifizierte Version davon eine ähnliche Wirksamkeit gegen Tumore in den Mausmodellen zeigt, denkt Reynolds, dass letztere diätisch vollständiger und potentiell attraktiver für Krebspatienten ist, da sie eine deutlich größere Auswahl an Lebensmitteln erlaubt.

Mehr Forschung notwendig

Obwohl die Forscher noch nicht sicher wissen warum diese Form der Ernährung so wirksam ist, verweisen die Wissenschaftler auf vorläufige Daten, die darauf hindeuten, dass die modifizierte Diät Glioblastom-Tumore empfindlicher gegenüber der Behandlung mit Strahlung und Chemotherapeutika macht. Die Arbeitsgruppe sieht die Ernährung deshalb als eine ergänzende Therapie, welche Chemotherapie und Bestrahlung zukünftig begleiten könnte. Obwohl diesbezüglich mehr Forschung notwendig sein wird, ist es denkbar, dass die Ernährung auch eine potentiell wirksame Sekundärbehandlung für andere Krebsarten darstellt.

Reynolds ist zuversichtlich, dass dieser einfache diätetische Ansatz in der Lage sein wird, auch bei Menschen die Tumorprogression zu verringern und die Qualität der Versorgung sowie Behandlungen zu verbessern. Der Erfolg der Methode hängt jedoch immer davon ab, wie metabolisch aktiv die jeweilige Krebsform ist. Tumore die vergleichsweise sparsam sind und wenig Glukose verbrauchen sprechen logischerweise auch weniger gut oder gar nicht auf diese Form der Therapie an.

Als nächstes will Reynolds seine Diät in einer klinischen Studie untersuchen. Aufgrund der strengen Sicherheitsbestimmungen dauert es in der Regel viele Jahre solche Versuche am Menschen einzuleiten. Reynolds ist jedoch optimistisch, dass es in seinem Fall deutlich schneller gehen könnte, da die Therapie lediglich eine Modifikation der Nahrungsaufnahme darstellt. Sowohl diese Anpassungen als auch das beigefügte mittelkettige Triglyceridöl haben keine bekannten Nebenwirkungen.

Text: esanum /pvd

Foto:  vetpathologist / Shutterstock.com