Magic Mushrooms, LSD, MDMA: Die Suche nach neuen Therapiemethoden

Bereits vor Jahrzehnten hielten MDMA und LSD Einzug in die therapeutische Praxis und zeigten ihr Potential bei der Behandlung psychiatrischer Erkrankungen. Mittlerweile hat auch die Forschung diese Substanzen wiederentdeckt.

Psychedelische Forschung auf dem Weg in die Klinik

Bereits vor Jahrzehnten hielten MDMA und LSD Einzug in die therapeutische Praxis und zeigten ihr Potential bei der Behandlung psychiatrischer Erkrankungen. Ayahuasca wird seit Jahrtausenden von indigenen Stämmen als Heilmittel und zur Bewusstseinserweiterung benutzt und wird in den letzten Jahren weltweit immer populärer. Mittlerweile hat auch die Forschung diese Substanzen wiederentdeckt. Erste, vorläufige Erkenntnisse sind offenbar vielversprechend.

Transdisziplinäre und integrative Wissenschaftsmethoden

Unter dem Motto "Integrating science and practice of psychedelic states" findet vom 5. bis 7. September in Berlin die Konferenz INSIGHT 2019 statt. Es ist die erste Konferenz der MIND Foundation, die sich ausschließlich der Diskussion psychedelischer Substanzen hinsichtlich ihrer Erforschung und ihres potentiellen therapeutischen Nutzens widmet. Das international hochkarätig besetzte Programm lädt zu einem transdisziplinären Dialog ein, in dem sich die unterschiedlichen Sichtweisen und Herangehensweisen nicht nur addieren, sondern miteinander verschränken. Es geht darum, multiple wissenschaftliche Perspektiven integrativ miteinander zu verbinden und neue, implizite Wissensinhalte hervorzubringen und voneinander zu lernen. Ziel der MIND Foundation ist, innerhalb einer modernen, pluralistischen Gesellschaft am Aufbau einer verantwortungsvollen und evidenzbasierten Bewusstseinskultur mitzuwirken. Sie lädt dazu ein, die Komplexität und Nützlichkeit veränderter Bewusstseinszustände in Therapie, Grundlagenforschung und Kultur zu erforschen.

Steht ein Paradigmenwechsel an?

Prof. Gerhard Gründer, Abteilungsleiter am Institut für Seelische Gesundheit in Mannheim, erläutert in seinem Vortrag zur Wirkung von Psychopharmaka, dass das Hauptparadigma, das die Psychiatrie und Psychopharmakologie dominiert, zu eng gefasst und irreführend ist. Noch immer geht man nämlich davon aus, dass einer bestimmten psychiatrischen Störung ein spezifischer molekularer Defekt zugrunde liegt, der dauerhaft mit Medikamenten behandelt werden kann und muss - vergleichbar mit einem Typ-1-Diabetes. Dabei wird außer Acht gelassen, dass eine erhebliche Anzahl an Patientinnen und Patienten auf die derzeit zur Anwendung kommenden Medikamente nicht oder nicht ausreichend anspricht und eine noch größere Anzahl niemals eine vollständige Remission im Sinne von dauerhaftem Wohlbefinden und Beschwerdefreiheit erreicht. Viele psychiatrische Störungen werden langfristig behandelt, obwohl die Patientinnen und Patienten nicht ausreichend hinsichtlich ihrer Symptome kontrolliert werden, weiterhin leiden und, besonders unter kontinuierlicher Therapie, belastende Nebenwirkungen aushalten müssen. Mittlerweile häufen sich auch Belege dafür, dass medikamentöse Therapie selbst zur Entwicklung von Resistenzen führen kann. Studien zeigen, dass in Placebo-Kontrollgruppen sogar eine bessere therapeutische Wirkung erzielt wurde als in denjenigen Gruppen, die zwar das entsprechende Medikament erhielten, jedoch darauf nicht ansprachen. Im Klartext heißt das, so macht Gründer deutlich, eine Behandlung mit Placebo wäre für diese Personen besser gewesen als die mit dem regulären Medikament. 

Psilocybin gegen Depressionen

Diesen Erkenntnissen gegenüber stehen Beobachtungen, die mit der Gabe von Psilocybin - im rekreativen Gebrauch als Magic Mushrooms bekannt - und ebenso mit LSD im Zusammenhang stehen. Bei Patientinnen und Patienten mit Depression scheint bereits eine einmalige hochdosierte Gabe Psilocybin eine signifikante und auch langanhaltende Zustandsverbesserung zu bewirken. 5 von 12 Patientinnen und Patienten mit moderater bis schwerer Depression waren nach einmaliger Gabe von Psilocybin noch nach drei Monaten in Remission. Obwohl diese Ergebnisse noch gründlicher Prüfung bedürfen, sind sie eine Herausforderung für die bislang geltende Annahme, dass molekulare Defekte, die psychiatrischen Störungen zugrunde liegen, einer kontinuierlichen Langzeittherapie bedürfen.

Ähnlich vielversprechende Ergebnisse erzielte der Einsatz von MDMA bei der Behandlung von Personen mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD). Diese stellte Dr. Kim Kuypers von der Universität Maastricht vor, wo sie die neurobiologischen Grundlagen von durch Psychedelika und MDMA hervorgerufenen emotionalen und kognitiven Bewusstseinszuständen untersucht. Ihre Forschung dient vor allem dazu, diesen Substanzen den Eintritt in die klinische Praxis zu erleichtern. Um eine höhere Akzeptanz in der Klinik und bei Patientinnen und Patienten zu erreichen, ist das Wissen um die jeweiligen Funktions- und Wirkungsweisen notwendig. Nur so kann ermittelt werden, welche Therapie für welche spezifische Störung und Person die beste ist. Im Fokus liegen hier besonders Depressionen und Angststörungen, da beide durch einen Mangel an kognitiver Flexibilität und verminderte Empathiefähigkeit gekennzeichnet sind. 

Empathogene Wirkung von MDMA erleichtert die Trauma-Therapie

Bei MDMA handelt es sich nicht wie bei Psilocybin um eine Substanz aus der Gruppe der Halluzinogene, sondern um eine empathogene Substanz. Das heißt, die Empathiefähigkeit wird erhöht, es kommt zu einer größeren sozialen Offenheit, während gleichzeitig die Störanfälligkeit für negative Reize herabgesetzt wird. Studien haben gezeigt, dass die Gabe von MDMA bei begleitender psychologischer Betreuung für die Therapie von PTSD enorme Vorteile bringt. Hemmungen, über die erfahrene Traumatisierung zu sprechen, werden reduziert und es besteht eine größere Bereitschaft, sich in der therapeutischen Situation zu öffnen. 

Trotz der überaus vielversprechenden (vorläufigen) Ergebnisse können Patientinnen und Patienten jedoch nicht so bald mit einer dementsprechenden Therapie rechnen. Kim Kuypers, deren Studien in Maastricht schon verhältnismäßig weit fortgeschritten sind, rechnet noch immer mit einem Zeitraum von bis zu 10 Jahren, bevor alle klinischen Voraussetzungen erfüllt sein werden. 

Quelle:
INSIGHT 2019, 5.-7.9.2019, Berlin.