Mückenstiche: Was hilft wirklich?

Wenn die Mücke gestochen hat, geht das Kratzen los. Hilft das? Kurzfristig schon. Warum man es trotzdem lieber sein lässt - und was laut Stand der Forschung hilfreicher ist.

Gehirn durch "Spiegelkratzen" austricksen?

Wenn die Mücke gestochen hat, geht das Kratzen los. Hilft das? Kurzfristig schon. Warum man es trotzdem lieber sein lässt - und was laut Stand der Forschung hilfreicher ist.

Sie wollen nur ein bisschen Blut, die weiblichen Mücken. Um neue Eier bilden zu können. Der minimale Blutverlust, geschenkt. Wenn der Stich nur nicht so nervig jucken würde.

Das liegt Fachleuten zufolge daran, dass Mücken beim Stechen etwas Speichel abgeben, dessen Proteine in unserem Körper bestimmte Abwehrzellen aktivieren. Diese Mastzellen setzen unter anderem den Botenstoff Histamin frei. Der wiederum dockt an Stellen im umliegenden Gewebe an - und reizt zudem die in der Haut liegenden Enden von Nervenfasern. Weitere Stoffe können beim Juckempfinden eine Rolle spielen. Was den Reiz aber im Einzelnen verursache, sei schwierig zu überprüfen, erklärt der Dermatologe Martin Metz von der Berliner Charité. 

Die spontane Reaktion auf das Gejucke: kratzen. Das sei vom Körper gewollt, erläutert Metz. "Eigentlich soll durch das Kratzen ein möglicher Fremdkörper aus der Haut entfernt werden." Kratzen lindert tatsächlich - zumindest vorübergehend. Es verursacht Schmerz und damit einen Reiz, der wichtiger ist als der Juckreiz und deshalb schneller von Nervenfasern ans Gehirn weitergeleitet wird. "Der Schmerzreiz unterdrückt den Juckreiz", so der Dermatologe.

Spiegel stellt Gehirn vor Konflikt der Wahrnehmung

Hört man aber auf zu kratzen, lässt der Schmerz nach - und das Jucken beginnt meist erneut. Also kratzt man wieder, mitunter bis es blutet. Dann können Bakterien in die Wunde gelangen und für eine Entzündung sorgen. Deshalb raten Fachleute, lieber mit der flachen Hand auf den Stich zu klatschen. Oder mit den Fingerkuppen zu reiben. Diese Reize wirken allerdings auch eher entzündungsfördernd als -hemmend.

Ein Team der Universität Lübeck hat untersucht, ob man das Gehirn austricksen kann. Die Forschenden ließen Menschen statt einer juckenden Stelle auf dem einen Arm die entsprechende Stelle auf dem anderen Arm kratzen - vor einem Spiegel. Das funktionierte. Denn wenn man vor dem Spiegel steht, hat das Gehirn einen Konflikt in der Wahrnehmung, den es auflösen muss. Deshalb projiziere es das Gefühl des Kratzens auf die juckende Stelle, die nicht gekratzt wurde, schrieb das Team 2013 im Fachblatt "PLOS One". Juckreiz-Linderung ohne weitere Verletzung der entzündeten Haut: Dafür erhielt das Lübecker Team 2016 den Ig-Nobelpreis. 

Kälte und Hitze zur Stichbekämpfung

Bei chronischen Krankheiten wie Neurodermitis sei das Spiegel-Kratzen sicher hilfreich, sagt Dermatologe Metz. "Ich bin allerdings nicht überzeugt, dass das auch bei einem Mückenstich richtig gut funktioniert." Das könne aber jeder selbst ausprobieren. Was gegen dieses Jucken hilft? Kühlen. Auch hier macht man sich die Funktionsweise der Nerven zunutze: Kühlen aktiviert die Kälterezeptoren der Haut, und andere Signale, hier der Juckreiz, werden abgeschwächt.

Hitze kann ebenso helfen. Mit einem batteriebetriebenen Stift wird der Stich für wenige Sekunden auf etwa 50 Grad Celsius erwärmt. Man habe früher angenommen, die Inhaltsstoffe des Mückenspeichels würden so zerstört - doch das stimme wohl nicht, schreibt der Dermatologe Marcus Maurer von der Charité in einem Artikel der Europäischen Stiftung für Allergieforschung. Bekannt sei aber, dass die Nerven in der Haut sensibel auf Überwärmung reagierten und die Reizweiterleitung abschalteten. So werde das Jucksignal nicht mehr übermittelt. Auch Salben oder Gels mit einem Antihistaminikum können demnach Juckreiz lindern. Sie mindern die Wirkung des Histamins.