Nano-Medizin lernt vom Grippevirus

Bislang verlieren medizinisch eingesetzte Nanoteilchen gerade in komplexen Gewebestrukturen noch immer leicht die Orientierung. Ein Regensburger Forscherteam hat sich nun einen Trick bei Influenzaviren abgeschaut und Nanopartikel entwickelt, die zuverlässig den gewünschten Zelltyp erreichen.

Erste Erfolge der Nanoteilchen in Zellen der Niere

Bislang verlieren medizinisch eingesetzte Nanoteilchen gerade in komplexen Gewebestrukturen noch immer leicht die Orientierung. Ein Regensburger Forscherteam hat sich nun einen Trick bei Influenzaviren abgeschaut und Nanopartikel entwickelt, die zuverlässig den gewünschten Zelltyp erreichen.

Nanoteilchen sind über 1.000 Mal kleiner als der Durchmesser eines Menschenhaares. Im medizinischen Bereich werden sie zum Beispiel eingesetzt, um Arzneistoffe in Tumoren einzuschleusen. Doch die Hoffnungen, die die Medizin in Nanoteilchen gesetzt hat, haben sich nicht in allen Bereichen erfüllt.

So waren die Partikel bislang kaum in der Lage, verschiedene Zellen eines Gewebes voneinander zu unterscheiden und gezielt eine bestimmte Zellart anzusteuern. Die menschliche Netzhaut beispielsweise besteht aus mehr als 60 unterschiedlichen Zelltypen und ist damit so komplex, dass medizinische Nanopartikel hier zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht effizient eingesetzt werden können. Zu groß wären der Wirksamkeitsverlust und zugleich auch die Gefahr von gravierenden Nebenwirkungen.

Forscherinnen und Forschern des Regensburger Lehrstuhls für Pharmazeutische Technologie ist es nun jedoch gelungen, Nanopartikel zu entwickeln, die erstmals in der Lage sind, einzelne Zelltypen zu erkennen und mit diesen kontrolliert in Wechselwirkung zu treten. Die grundsätzliche Idee dahinter haben sich die WissenschaftlerInnen von Influenza-A-Viren abgeschaut und das Funktionsprinzip auf Nanoteilchen von 50 bis 80 Nanometern Größe übertragen.

Wie die Forschungsgruppe berichtete, werden die Teilchen ähnlich wie bei den Viruspartikeln zuerst von einem Enzym in der Zellmembran der Zielzelle erkannt und aktiviert. Dabei legt das Enzym durch chemische Reaktion eine Erkennungsstruktur frei, die es dem Nanopartikel erlaubt, an Rezeptoren auf der Zielzelle zu binden. Diese Bindung ist Auslöser dafür, dass die Nanoteilchen in die Zielzelle aufgenommen werden – genauso läuft der Prozess auch bei Influenza-A-Viren ab. Mithilfe dieses Vorgangs hat das Regensburger Team die weltweit ersten Nanopartikel entwickelt, die es schaffen, Zellen zuverlässig voneinander zu unterscheiden.

Konkret können die neuartigen Nanoteilchen die Zellen des sogenannten Mesangiums der Niere erkennen und von ihnen aufgenommen werden. Diese Zellen sind maßgeblich an der Entstehung diabetischer Nierenerkrankungen beteiligt, die unbehandelt zu vollständigem Nierenversagen führen.