Neues aus der Krebsforschung: Substanz schreddert Aurora-Proteine

Einen neuen Wirkstoff zur Behandlung von Krebs haben Forschungsgruppen der Universitäten Würzburg und Frankfurt entwickelt. Die Substanz zerstört die Aurora-A-Kinase, die oft für die Entwicklung von Leukämien und vielen Kindertumoren wie Neuroblastomen verantwortlich ist. Der Wirkstoff schaltet das gefährliche Protein einfach aus.

Tumorauslösende Proteine nicht nur hemmen, sondern verschwinden lassen

Einen neuen Wirkstoff zur Behandlung von Krebs haben WissenschaftlerInnen der Universitäten Würzburg und Frankfurt entwickelt. Die Substanz zerstört die Aurora-A-Kinase, die oft für die Entwicklung von Leukämien und vielen Kindertumoren wie Neuroblastomen verantwortlich ist. Der Wirkstoff schaltet das gefährliche Protein einfach aus.

Ergebnisse aus der Studie um Dr. Elmar Wolf vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und Professor Stefan Knapp von der Goethe-Universität Frankfurt wurden gerade erst in der Fachzeitschrift Nature Chemical Biology veröffentlicht. "Krebserkrankungen entstehen in der Regel durch tumorerzeugende Proteine", erklärt Elmar Wolf. Weil die Krebszellen schneller seien, könnten sie in kürzerer Zeit mehr Aurora-Proteine herstellen als normale Zellen. Üblicherweise wird deren Funktion durch bestimmte Arzneistoffe gehemmt. Dadurch seien die Proteine zwar weiterhin da, würden aber nicht mehr so gut funktionieren. Statt die tumorauslösenden Aurora-Proteine nur zu hemmen, sollen sie aber komplett ausgeschaltet werden. Doch bisher entwickelte Arzneistoffe konnten nicht die erhofften Ergebnisse erzielen. Mit "PROTAC" ist nun ein vielversprechender Ansatz entwickelt worden.

Krebszellen sterben im Reagenzglas 

Elmar Wolf und sein Team haben PROTAC an im Labor erzeugten Krebszellen getestet. Das Aurora-Protein wurde komplett abgebaut, die Krebszellen starben ab. "Der Tumor braucht bestimmte tumorauslösende Proteine, die man sich wie Seiten in einem Buch vorstellen kann", erklärt Wolf. "Unsere PROTAC-Substanz reißt nun die Seiten 'Aurora' heraus und vernichtet sie mit Hilfe der Protein-Abbau-Maschinerie, die jede Zelle besitzt, um alte und kaputte Proteine abzubauen". PROTAC "schreddere" das Aurora-Protein, bis am Ende nichts mehr von ihm zurückbleibe.

Tierversuche sollen weitere Erkenntnisse bringen

Weil die Aurora-A-Kinase etwa in Brustkrebstumoren in viel größerer Konzentration vorkomme als in gesundem Gewebe und auch beim Prostatakrebs eine wichtige Rolle spiele, sei eine Blockade der Aurora-A-Kinase-Aktivität nicht erfolgversprechend", ergänzt Professor Stefan Knapp vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe-Universität die Untersuchungen. "So hat es bisher noch keiner der vielen klinisch getesteten Hemmstoff-Kandidaten in die klinische Zulassung geschafft. Mit unserer PROTAC-Variante inhibieren wir die Aurora-A-Kinase über einen anderen, sehr effektiven Wirkmechanismus, der neue therapeutische Möglichkeiten eröffnen könnte." Im nächsten Schritt wolle man Wirksamkeit und Verträglichkeit des Wirkstoffes in Tierversuchen testen.

Quelle:
PROTAC-mediated degradation reveals a non-catalytic function of AURORA-A kinase. Bikash Adhikari, Jelena Bozilovic, Mathias Diebold, Jessica Denise Schwarz, Julia Hofstetter, Martin Schröder, Marek Wanior, Ashwin Narain, Markus Vogt, Nevenka Dudvarski Stankovic, Apoorva Baluapuri, Lars Schönemann, Lorenz Eing, Pranjali Bhandare, Bernhard Kuster, Andreas Schlosser, Stephanie Heinzlmeir, Christoph Sotriffer, Stefan Knapp and Elmar Wolf. Nature Chemical Biology, 28.09.2020.