Onkologie: Patienten wegen Skandal um gepanschte Medikamente verunsichert

Der Betrugsprozess gegen einen Apotheker aus NRW macht auch kranken Menschen in Niedersachsen Angst. Die Präsidentin der Apothekerkammer hält weitere Kontrollen für sinnvoll - auch um kein Vertrauen zu verlieren.

Medikamenteskandal verunsichert Krebspatienten

Der Betrugsprozess gegen einen Apotheker aus NRW macht auch kranken Menschen in Niedersachsen Angst. Die Präsidentin der Apothekerkammer hält weitere Kontrollen für sinnvoll - auch um kein Vertrauen zu verlieren.

Seit dem Skandal um mutmaßlich gepanschte Krebsmedikamente in Nordrhein-Westfalen sind auch Patienten in Niedersachsen verunsichert. Sie fürchten, dass ihre lebenswichtigen Medikamente vielleicht gar nicht wirken. Immer mehr besorgte Betroffene fragten deshalb ihren Apotheker oder riefen bei der niedersächsischen Apothekerkammer an, sagte Kammer-Präsidentin Magdalene Linz der Deutschen Presse-Agentur in Hannover: "Der Fall in Nordrhein-Westfalen ist ein Mega-Gau, weil wir Apotheker dadurch zu Unrecht unter Generalverdacht geraten, ohne Achtung der Patientensicherheit zu agieren."

Ein Apotheker aus dem nordrhein-westfälischen Bottrop soll jahrelang verdünnte Krebsmedikamente abgegeben, bei Krankenkassen aber die volle Dosis abgerechnet haben. Betroffen sind vermutlich mehr als 1000 Patienten aus sechs Bundesländern. Der Apotheker muss sich seit Montag unter anderem wegen Betrugs vor dem Landgericht Essen verantworten. Der 47-Jährige schweigt zu den Vorwürfen.

Die niedersächsische Apothekerkammer kontrolliert regelmäßig alle 48 Apotheken im Land, die krebshemmende Medikamente für Patienten individuell nach von deren Ärzten verschriebenen Rezepten mischen. Linz betonte, die Kontrolleure hätten dabei bisher nur kleinere Mängel festgestellt. Diese hätten die Apotheken anschließend behoben. Einzelne Apotheken hätten etwa nicht häufig genug getestet, ob ihr Labor wirklich keimfrei ist. Oder sie hätten die eigenen Tests nicht detailliert genug dokumentiert. Seit 2012 gelten strengere Vorschriften für die Herstellung von Krebsmitteln. 

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert von Bund und Ländern, die rund 300 Apotheken, die in eigenen Laboren Krebsmedikamente herstellen, stärker zu kontrollieren. Nordrhein-Westfalen hat bereits angekündigt, dies zu tun. Auch Linz sieht Handlungsbedarf, damit die Bevölkerung nicht das Vertrauen in die niedersächsischen Apotheken verliert. "Der Gesetzgeber muss aktiv werden", sagte die 63-Jährige. "Der Gesetzgeber soll die rechtliche Grundlage schaffen, dass Aufsichtsbehörden häufiger und unangemeldet kontrollieren können."

Das Gesetz erlaubt der Kammer derzeit nur dann Kontrolleure ohne Ankündigung in Apotheken zu schicken, wenn sie einen konkreten Verdacht haben - etwa dass eine Apotheke pfuscht oder unausgebildetes Personal Arzneien mischt. Der Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums, Uwe Hildebrandt, sagte der dpa: "Grundsätzlich befürworten wir unangemeldete Kontrollen." Zurzeit prüfe das Ministerium verschiedene mögliche Maßnahmen. Wie es weitergeht, hängt aber von der neuen rot-schwarzen Regierung ab.