Optimale LDL-Senkung verbessert den Outcome bei Typ-2-Diabetikern mit KHK

Schon seit längerem steht die PCI in Verdacht, nur die Symptome von KHK-Patienten zu verbessern, aber nicht den Outcome. Bislang war unklar, warum das so ist. Möglicherweise liegt es an einer nachlässigen LDL-Einstellung. Denn einer neuen Studie zufolge scheint eine PCI nur in Kombination mit optimaler LDL-Senkung zu funktionieren.

Erfolg der PCI vom LDL-Wert abhängig?

Schon seit längerem steht die PCI in Verdacht, nur die Symptome von KHK-Patienten zu verbessern, aber nicht den Outcome. Bislang war unklar, warum das so ist. Möglicherweise liegt es an einer nachlässigen LDL-Einstellung. Denn einer neuen Studie zufolge scheint eine PCI nur in Kombination mit optimaler LDL-Senkung zu funktionieren.

Menschen, die an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) leiden und gleichzeitig an Typ-2-Diabetes, haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung neuer Koronarstenosen. Zur Revaskularisierung der Engstellen am Herzen gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: eine Herzkatheteruntersuchung mit Stenting der betroffenen Gefäße (perkutane Koronarintervention, PCI) oder eine arterielle Bypass-OP. Beide Therapien haben ihre Vor- und Nachteile, sollten aber immer von einer optimalen medikamentösen Lipidsenkung begleitet sein. Hierzu zählt vorrangig die Einstellung des Low-Density Lipoprotein Cholesterins (LDL-C), einer der wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren. Die aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) definieren für Typ-2-Diabetiker mit begleitender KHK einen LDL-C Zielwert von unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l), der jedoch selten erreicht wird.

Bislang ist unklar, wie wichtig die Einstellung des LDL-Werts für das Langzeit-Outcome einer Revaskularisierungstherapie ist. Denn PCIs stehen in Verdacht, nur die Symptome des Patienten zu verbessern, nicht aber den Outcome. Zu diesem Schluss kommt beispielsweise ein kürzlich erschienenes Review im Deutschen Ärzteblatt (siehe Referenzen). Ein Forscherteam um Michael Farkouh hat daher in einer Metaanalyse untersucht, ob der Erfolg einer PCI oder Bypass-OP möglicherweise von einem optimal eingestellten LDL-Wert abhängig ist.

Typ-2-Diabetiker mit behandlungsbedürftiger Koronarstenose

Dazu kombinierten die Wissenschaftler die Daten von drei großen US-amerikanischen Studien mit insgesamt 4050 Patienten. Alle Patienten waren Typ-2-Diabetiker mit vorbekannter KHK und wiesen eine behandlungsbedürftige Koronarstenose auf. Das durchschnittliche Alter der Kohorte lag bei 63 Jahren, rund 27 % der Patienten waren weiblich. Der Diabetes der Teilnehmer war gut eingestellt (HbA1c 7,6 %), der mittlere LDL-C-Wert lag mit 98 mg/dl (2,5 mmol/l) jedoch über dem Zielwert. Die große Mehrheit der Patienten nahm bereits Statine ein.

Vergleich von drei Therapieansätzen: Medikamente / PCI / Bypass

Die Studienpopulation wurde nachträglich in drei Interventionsgruppen unterteilt: Die erste Gruppe beinhaltete Patienten mit rein medikamentöser Therapie ohne Intervention (n = 1348). Die zweite Gruppe umfasste Patienten, die zur medikamentösen Lipidsenkung zusätzlich eine PCI erhielten (n = 1712). Und in die dritte Gruppe wurden Patienten mit medikamentöser Lipidsenkung und Bypass-OP (n = 990) aufgenommen. Die Forscher untersuchten dann, ob ein gut eingestellter LDL-Wert ein Jahr nach Intervention bzw. nach Einschluss das kardiovaskuläre Risiko in den folgenden 4 Jahren minimiert. Der primäre Endpunkt wurde als eine Kombination von Gesamtsterblichkeit sowie nicht-tödlichem Herzinfarkt und Schlaganfall (MACCE) definiert.

In der Gesamtpopulation wiesen ein Jahr nach Intervention bzw. Einschluss 34,5 % der Probanden einen LDL-C-Wert von unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) auf und lagen damit im damaligen LDL-Zielbereich. Der durchschnittliche LDL-C-Wert lag bei 83 mg/dl (2,2 mmol/l) und unterschied sich nicht zwischen den Gruppen.

PCI verbessert Outcome nur bei optimal eingestelltem LDL-C

Die Daten zeigen, dass eine PCI gegenüber einer reinen medikamentösen LDL-Senkung nur zu besseren Ergebnissen führt, wenn der LDL-Wert nach PCI gut eingestellt ist. So war ein LDL-Wert unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) mit einem um 39 % niedrigeren Risiko für MACCE in der PCI-Gruppe im Vergleich zur reinen medikamentösen Lipidsenkung assoziiert. Bei einem LDL-C-Wert über 70 mg/dl (1,8 mmol/l) war dieser Vorteil dahin.

Bypass-OP auch wirksam bei schlecht eingestelltem LDL-C

Zu einem anderen Ergebnis kam die Bypass-Gruppe. Hier zeigte sich unabhängig vom LDL ein Vorteil der OP gegenüber einer rein medikamentösen Behandlung. Der Effekt der Bypass-OP war jedoch am ausgeprägtesten (58 % besser) bei optimal eingestelltem LDL unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l).

Im Vergleich zwischen PCI und Bypass zeigte sich, dass die Bypass-OP nur bei schlecht eingestelltem LDL zu einem besseren Outcome führte. So war das MACCE-Risiko einer Bypass-OP im Vergleich zur PCI bei LDL-Werten über 70 mg/dl (1,8 mmol/l) nur etwa halb so groß. Bei optimal eingestelltem LDL war der Outcome beider Interventionen dagegen vergleichbar.

LDL ist ein wichtiger Faktor in der Entscheidung für oder gegen PCI

Die Studie legt nahe, dass eine PCI bei Typ-2-Diabetikern mit begleitender KHK nur dann einen Vorteil bietet, wenn der LDL-C-Wert optimal eingestellt ist. Bei schlecht eingestelltem LDL scheint hingegen eine Bypass-OP die bessere Alternative zu sein, um das kardiovaskuläre Risiko zu minimieren. Wichtig ist in jedem Fall: für alle Diabetiker mit KHK ist eine regelmäßige LDL-Messung Pflicht ist, insbesondere im Rahmen von erneuten Koronarinterventionen.

Für LDL-Cholesterin gilt: "the lower the better"

Die Daten der Studie zeigen auch, dass der LDL-Wert gemäß dem Motto „the lower the better“ (je niedriger, desto besser) so niedrig wie möglich gesenkt werden sollte. Da die neuen ESC-Leitlinien den LDL-Zielwert für Typ-2-Diabetiker mit KHK zuletzt auf unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l) abgesenkt haben, ist zu erwarten, dass mit noch aggressiverer LDL-Senkung die PCI-Ergebnisse noch besser ausfallen könnten. Neue Studien sollten sich dieser Fragestellung annehmen. Die Schwachstelle der hier vorgestellten Studie bleibt ihr Design: es ist eine reine Beobachtungsstudie, die Gruppen wurden nicht zur Untersuchung der Fragestellung designt. Zudem wurde die Patientenpopulation zwischen 1999 und 2010 rekrutiert. Zu dieser Zeit galten noch andere LDL-Zielwerte und einige wichtige Cholesterinsenker waren noch nicht auf dem Markt erhältlich (wie z. B. Proproteinkonvertase Subtilisin Kexin Typ 9-Inhibitoren). Daher sind weitere Untersuchungen notwendig, um die Relevanz einer optimalen LDL-Einstellung nach einer Koronarintenvention zu bestätigen.

Quellen:
Farkouh ME et al. Influence of LDL-Cholesterol Lowering on Cardiovascular Outcomes in Patients With Diabetes Mellitus Undergoing Coronary Revascularization. J Am Coll Cardiol. 2020 Nov, 76 (19) 2197–2207 Figulla H et al. Percutaneous Coronary Intervention in Stable Coronary Heart Disease — Is Less More? Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 137-44. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0137