Parkinson möglicherweise Folge eines “Burn-Outs” von Zellen

Möglicherweise ist die Parkinsonkrankheit das Ergebnis einer extremen Überlastung von bestimmten Hirnzellen.  Diese Zellen benötigen nämlich ungewöhnlich viel Energie, um ihrer Funktion, dem Steuer

Möglicherweise ist die Parkinsonkrankheit das Ergebnis einer extremen Überlastung von bestimmten Hirnzellen.  Diese Zellen benötigen nämlich ungewöhnlich viel Energie, um ihrer Funktion, dem Steuern unserer Bewegungen, nachkommen zu können. Die Energiekrise bringt die Zellen zum Überhitzen und lässt sie schließlich gewissermaßen ausbrennen.

Dieser Prozess ist die Entdeckung einer neuen Studie (DOI: 10.1016/j.cub.2015.07.050), die von der University of Montreal in Kanada durchgeführt und im Journal Current Biology veröffentlicht wurde. Erstautor der Arbeit ist Louis-Éric Trudeau, Professor für Pharmakologie und Neurowissenschaften, der die letzten 17 Jahre damit zugebracht hat den Teil des Gehirns zu erforschen, der an der Entstehung von Parkinson, Schizophrenie und Suchterkrankungen beteiligt ist.

Trudeau sagt: “Ähnlich einem Motor der ununterbrochen die Höchstgeschwindigkeit leistet, müssen diese Nervenzellen pausenlos unwahrscheinlich viel Energie produzieren, um funktionieren zu können. Es scheint so, als würden sie sich selbst überbelasten und in der Folge frühzeitig absterben“

Er hofft durch dieses Wissen die Möglichkeit zu haben die Parkinsonkrankheit im Tiermodell noch besser simulieren zu können und den Weg für neue Therapieansätze zu ebnen. Trudeau merkt diesbezüglich an, dass es gegenwärtig äußerst schwierig sei, Symptome dieser Krankheit in Mäusen zu reproduzieren – selbst wenn man humane Gene in das Genom der Mäuse einfügt.

Mit den neuen Erkenntnissen und den damit verbundenen Möglichkeiten könnten neue Medikamente entwickelt werden, die diesen Hirnzellen dabei helfen ihren Energieverbrauch zu verringern oder den Energieumsatz effizienter zu gestalten. Dadurch wäre es denkbar die Schäden an den Zellen, die im Laufe des Energieexzesses entstehen zu reduzieren. Eine Idee, welche die Arbeitsgruppe schon aktiv verfolgt.

Die Parkinsonkrankheit beruht pathophysiologisch auf dem Untergang von Hirnzellen in spezifischen Regionen des Gehirns, wie zum Beispiel der Substantia Nigra. Die von der Krankheit betroffenen Nervenzellen schütten physiologischerweise den Neurotransmitter Dopamin aus – ein Transmitter, der beim Menschen Bewegungen, emotionale Reaktionen und weitere Funktionen reguliert.

Je weiter die Erkrankung voranschreitet, desto mehr versiegt die Dopaminproduktion und Freisetzung. In der Folge treten mehr und mehr Symptome wie Tremor, Bradykinese, Rigor und Haltungsinstabilität auf. Symptome, die den Patienten enorm einschränken und es ihm zunehmend schwierig machen zu laufen, zu sprechen, sich selbst zu verpflegen oder generell ein normales Leben zu führen.

Mitochondrien werden bis hin zum Kollaps belastet

Seit nunmehr 3 Jahren forscht das Team nach dem Grund dafür, dass Mitochondrien in den Hirnregionen, die von der Parkinson-Krankheit betroffen sind so intensiv arbeiten und dadurch überhitzen. Mitochondrien sind gewissermaßen die Kraftwerke unserer Zellen. Sie produzieren alle nötige Energie, die die Zelle benötigt, um zu wachsen, ihren Funktionen nachzukommen und zum Auslösen von Signalen.

Die Forscher bemerkten bei ihrer Arbeit, dass die Zellen in den betroffenen Hirnregionen eine sehr komplexe Struktur vorweisen. Sie haben viele Fortsätze und Orte, an denen Neurotransmitter freigesetzt werden können. Das Team vermutet, dass diese Komplexität der Grund dafür ist, dass die Zellen einen derart hohen Energiebedarf haben.

Laut Prof. Trudeau unterstützen ihre Erkenntnisse die Idee, dass diese hochkomplexen Neurone ihre Mitochondrien dazu bringen auf einem viel zu hohen Niveau zu arbeiten, um so ihren enormen Energiebedarf zu decken. Eine Theorie, die den beschleunigten Verfall der Zellen erklären würde.

Trudeau erklärt: “Um bei dem Beispiel des Motors zu bleiben: ein Auto, das überhitzt verbraucht bedeutend mehr Benzin und landet, wenig überraschend, häufiger in der Werkstatt.”

Wenn wir altern scheint den Zellen ihr komplexer Aufbau zunehmend zum Verhängnis zu werden, da er sie möglicherweise vulnerabler macht- Sie funktionieren mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht mehr ordnungsgemäß und sterben dadurch früher ab.  Ein Mechanismus der dann unter Umständen die Parkinsonkrankheit, ein Leiden des höheren Alters, auslösen kann.

Da die Lebenserwartung der Menschen hier immer höher wird, steigt auch der Bedarf nach neuen Behandlungsmethoden für Neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson.  Trudeau erläutert:

“Aus evolutionärer Sicht sind einige unserer Neurone möglicherweise einfach nicht dafür geschaffen 80, 90 oder sogar 100 Jahre lang zu funktionieren. Es muss davon ausgegangen werden, dass bestimmte Teile unseres Körpers weniger in der Lage sind den Auswirkungen der Zeit zu widerstehen als andere.”

Da bei der Parkinson-Krankheit jedoch nur ein sehr kleiner Teil des Gehirns betroffen ist, bleibt er hoffnungsvoll, dass eher früher als später eine neue und effektive Behandlungsmethode gefunden wird.

Text: esanum /pvd

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