Prävention einer COPD-Verschlechterung: Was hilft und was nicht?
Und noch eine Meldung vom ESR 2016 in London. Wir greifen dabei ein Thema unseres ersten Beitrags auf: Exazerbationen bei COPD und wie man sie verhindern kann. Die großen, klangvollen und vor allem aktuellen Studien zu Inhalativa und Biologika stehen bei solchen Kongressen und der dazugehörigen Berichterstattung ja meist im Rampenlicht. Und ein Teil des Spektrums der Möglichkeiten damit im Schatten.
Breites Spektrum an Interventionsmöglichkeiten – für Arzt und Patient
Wir wollen einen Beitrag beleuchten, der sich der Prävention von akuten Exazerbationen der COPD widmete. AECOPD wird das ja heute auch gern genannt. Der genannte Vortrag wurde bei einem ERS-Symposium von Prof. Judith Garcia Aymerich von der Universität in Barcelona gehalten. Die Epidemiologin betonte dabei ein eigentlich selbstverständliches Merkmal der Prävention: Das Spektrum der Interventionsmöglichkeiten ist breit, geht über die rein medikamentöse Therapie hinaus und ist keinesfalls nur Sache des Arztes.
Hilfreich mit Evidenz
Welche Maßnahmen haben für Patienten in der stabilen Phase eine evidenzbasierte Schutzwirkung? Garcia Aymerich machte hier die folgende Liste auf:
- Die jährliche Impfung gegen Influenza: Sie senkt laut einer Cochrane-Analyse das Exazerbationsrisiko.
- Lang wirksame Anticholinergika (LAMA): Sie verringern die AECOPD und COPD-bedingten Krankenhauseinweisungen. Die meiste Evidenz gibt es natürlich für Tiotropium, es gilt aber in ähnlicher Weise auch für die neueren LAMA.
- Lang wirksame Betamimetika (LABA): Sie helfen zur Vermeidung von mittelschweren und schweren AECOPD.
- Die Kombination aus inhalativem Kortikosteroid (ICS) und LABA: Sie schützt ebenfalls, und zwar besser als Placebo bzw. ICS allein.
- Integrierte Versorgung: Patienten, die in entsprechende Programme eingebunden sind, erleiden seltener COPD-Verschlechterungen als Patienten mit „Standardversorgung“.
- Schulungen und Selbstmanagement: Sie spielen für Patienten mit Exazerbationen in der Anamnese eine bedeutsame Rolle. Auch diese Empfehlung ist nun nichts wirklich Neues. Immerhin jetzt aber ebenfalls mit Evidenz belegt, so Garcia Aymerich.
- Körperliche Aktivität: Daten zum Nutzen von Bewegung sprechen konsistent für ein vermindertes Exazerbations-Risiko.
Wenn die COPD dennoch exazerbiert, kommen aus evidenzbasierter Sicht u.a. folgende Unterstützungsmaßnahmen in Betracht:
- Systemische Kortikosteroide: Bei akuter COPD sind sie zwar recht nützlich und senken auch nachweislich das Risiko für Rezidive. Für die langfristige Verhinderung von AECOPD fehlt die Evidenz allerdings.
- Das Konzept „hospital at home“: Der Patient mit AECOPD wird – sofern möglich – zu Hause behandelt statt im Krankenhaus. Dem Wohlbefinden des Erkrankten tut’s gut und das Exazerbationsrisiko nimmt ab.
- Die pneumologische Reha: Nach überstandener Exazerbation senkt sie für die nächsten zwölf Monate die Gefahr weiterer Episoden.
Weniger bis nicht hilfreich
Kommen wir jetzt zu den Maßnahmen, deren vorbeugender Nutzen zwar belegt ist, aber möglicherweise nicht die Risiken überwiegt. Hier gab Garcia Aymerich folgende Hinweise:
- Makrolid-Antibiotika: Sie werden teilweise zur präventiven Behandlung von Patienten mit häufigen Exazerbationen eingesetzt. Zur Prävention der AECOPD auf breiter Basis verbieten sie sich allerdings wegen der Risiken hinsichtlich Resistenzbildung und Hörminderung.
- PDE-4-Hemmer: Ihr Nutzen für die AECOPD-Prävention bei Patienten mit häufigen Exazerbationen ist zwar belegt. Die Nachteile sprechen allerdings dagegen, so etwa das beträchtliche Insomnie-Risiko.
- Mukolytika: Für sie (z.B. N-Acetylcystein) finden sich in Studien zwar Hinweise auf einen Nutzen. Die Studienqualität ist nach Ansicht von Garcia Aymerich allerdings gering. Deshalb keine Empfehlung als allgemeine Präventionsmaßnahme.
Definitiv nicht empfehlenswert für die AECOPD-Prophylaxe sind laut der Expertin:
- Systemische Kortikosteroide als Dauertherapie und
- Statine.
Hilfreich ohne Evidenz
Zum Abschluss noch drei Maßnahmen mit „herausragendem Nutzen für die COPD-Prognose“ bei stabilen COPD-Patienten:
- Rauchstopp
- Pneumokokken-Impfung
- Reha-Maßnahmen
Davon sollten Ihre Patienten unbedingt Gebrauch machen, riet die Kollegin. Auch wenn für diese Interventionen (noch) nicht hinreichend belegt ist, dass sie tatsächlich Exazerbationen verhindern.
Information beugt vor!
Apropos Gebrauch machen: Natürlich hängt der Präventionserfolg maßgeblich von der Mitarbeit des Patienten ab. Er bzw. sie muss es wollen und sich für geeignete Präventionsmaßnahmen entscheiden. Welche das im individuellen Fall sein sollten, wird auch auch von den Eigenschaften und Präferenzen des Patienten bestimmt. Garcia Aymerich verwies auf die ärztliche Aufgabe zur Versorgung des Patienten mit umfassenden und verständlichen Informationen, um ihm zur bestmöglichen Entscheidung zu verhelfen.
Neben gesunder Ernährung und Umgebungsluft benannte die Epidemiologin noch einen besonders kritischen Aspekt in präventiver Hinsicht: die Therapie-Adhärenz, bei der die korrekte Anwendung der Inhalatoren eine entscheidende Rolle spielt. Wie Untersuchungen zeigen, hapert es häufig an den Grundlagen der Inhalationstechnik. Typische Fehler sind z.B. die vorzeitige Beendigung der Inhalation, das Ausatmen in das Mundstück nach der Beladung oder ein fehlendes Anhalten des Atems. Kontrollieren Sie deshalb das Prozedere bei Ihren Patienten hin und wieder. Wer richtig inhaliert, lebt besser und länger. Die Evidenz dafür kommt auch in den großen Studien zum Vorschein.
Referenz:
Garcia Aymerich J. The prevention of AECOPD. Symposium: The management of acute exacerbations of COPD. ERS (European Respiratory Society) International Congress. London, 6 September 2016.