Projekt zum Präventionsgesetz soll Heimbewohner mobilisieren

Bewohner von Pflegeheimen sollen laut dem neuen Präventionsgesetz mehr gesundheitsfördernde Angebote erhalten. Senioren im Harz gehören zu den ersten, die bei "Pflegebedürftige aktiv fördern"​​​​​​​mitmachen. Landesweit sind mehr als 80 stationäre Pflegeheime an dem kassenübergreifenden Projekt interessiert.​​​​​​​

Weniger Arbeit in der Pflege durch agile Senioren

Bewohner von Pflegeheimen sollen laut dem neuen Präventionsgesetz mehr gesundheitsfördernde Angebote erhalten. Senioren im Harz gehören zu den ersten, die bei "Pflegebedürftige aktiv fördern"mitmachen. Landesweit sind mehr als 80 stationäre Pflegeheime an dem kassenübergreifenden Projekt interessiert.

"Die linke Hand auf die rechte Schulter, die rechte Hand auf die linke. Den Kopf drehen und abwechselnd nach hinten schauen ...", der Gruppe von Übungsleiterin Nadine Günther macht es sichtlich Spaß, sich zu bewegen. Dass es bei einigen etwas mühsam vonstatten geht, wundert nicht, denn hier ist die 70-Plus-Generation zu Gange. Die älteste Aktive ist sogar schon 98.

Astrid Staudenraus als Leiterin des Azurit-Seniorenzentrums Quedlinburg war spontan begeistert, als sie vom Projekt "Pflegebedürftige aktiv fördern" erfuhr. Damit wollen die gesetzlichen Krankenkassen im Land die Mobilität von Pflegeheimbewohnern steigern und einen Beitrag zur Umsetzung des Präventionsgesetzes leisten.

Die Quedlinburger Einrichtung mit 112 Bewohnern in der stationären Pflege und 84 im betreuten Wohnen, gehört zu den ersten, die am Vorhaben teilnehmen. "Beweglichkeit ist für die Lebensqualität unserer Bewohner von großer Bedeutung", sagt Staudenraus. Für die Mitarbeiter sieht sie einen positiven Nebeneffekt: "Wenn wir die Leute mobilisieren, haben wir weniger Arbeit in der Pflege."

Mit Begeisterung ist Lisa Penquitt seit der ersten Stunde dabei. Für sie sind die Übungen kein Problem. Körperliche Fitness ist der rüstigen Seniorin, der man ihre 79 Jahre nicht ansieht, sehr wichtig. "Ja, das mache ich hier gerne mit, denn ich will ja nicht rosten und gelenkig bleiben. Das macht mir Spaß", sagt die Seniorin, die auch gerne die Bowling-Kugel schiebt.

Kraft- und Balancetraining gegen Muskelabbau und Koordinationsschwäche

Das Programm unter Federführung der AOK Sachsen-Anhalt wird durch Experten der Eumedias Heilberufe AG, einem Bildungs- und Consultingunternehmen, umgesetzt. Es ist in mehrere Phasen über einen Zeitraum von sechs Monaten unterteilt. Nach einer eintägigen Fortbildung, in der theoretische Grundlagen und praktische Übungen an Betreuungskräfte sowie Ergo- oder Physiotherapeuten vermittelt werden, führen diese selbst regelmäßig Übungen nach dem neuen Trainingskonzept zum Kraft- und Balancetraining mit den Bewohnern durch.

Inzwischen betreut Übungsleiterin Nadine Günther, die sonst als Ergotherapeutin im Seniorenzentrum tätig ist, drei Gruppen á zehn Personen. Je zweimal pro Woche treffen sie sich, um unter ihrer Anleitung zu trainieren. 

Im Alter reduziere sich die Muskelmasse deutlich, wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge um 50 Prozent bis zum 80. Lebensjahr, sagt Kerstin Baumgarten von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Pflegeheimbewohner seien deshalb kaum noch mobil. Dass gezielte Muskelübungen wirken, hätten Studien belegt. "Doch es geht dabei nicht ausschließlich um Muskelaufbau. Vielmehr helfen gezielte Bewegungsübungen, die Koordination zwischen Muskeln neu anzuregen und so Bewegungsabläufe zu festigen und zu verbessern", erklärt Baumgarten. "So erreichen wir, dass auch unvorhersehbare Situationen, beispielsweise ein drohender Sturz, besser beherrscht und im Idealfall vermieden werden können."

Landesweit sind mehr als 80 stationäre Pflegeheime an dem Projekt interessiert. "Wir sind mit diesem Angebot offene Türen eingerannt", sagt der Leiter der Prävention der AOK Sachsen-Anhalt, Gerriet Schröder. "Offensichtlich gab es in diesem Bereich eine Versorgungslücke, die wir nun schließen können." Sachsen-Anhalt sei das erste Land, das das Präventionsgesetz mit einem solchen, kassenübergreifenden Projekt umsetzt. Ziel der Projektpartner sei es, dass bis Ende 2018 rund 330 der landesweit 456 stationären Pflegeeinrichtungen an dem Programm teilnehmen. Damit es auch nach dem Projekt in den Heimen weitergeht mit der Mobilisierung, schauen Experten später nochmal in die Praxis.