Projekt zur Telemedizin in der Pflege im Erzgebirge

Sachsen geht bei der Betreuung von Pflegebedürftigen neue Wege und gibt dank moderner Technik auch mehr Verantwortung an das Personal in Heimen ab. Ärztinnen und Ärzte sollen Zeit sparen, weil sie zur Visite in ihren Praxen bleiben können.

Bundesweit einmaliges Projekt

Sachsen geht bei der Betreuung von Pflegebedürftigen neue Wege und gibt dank moderner Technik auch mehr Verantwortung an das Personal in Heimen ab. Ärztinne und Ärzte sollen Zeit sparen, weil sie zur Visite in ihren Praxen bleiben können.

Neue Technik für ältere Menschen: Pflegeheime in Sachsen können fortan auf Telemedizin bauen. Zunächst werden in mehreren Einrichtungen des Erzgebirges die dort Wohnenden zusätzlich zu ärztlichen Visiten per Videotechnik von ihren Hausärztinnen und Hausärzten betreut, teilten die beteiligten Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Sachsen mit. In die Video-Konsultation können je nach Bedarf Ärztinnen und Ärzte aus den Fachbereichen Neurologie, Dermatologie oder Urologie einbezogen werden. Vor Ort dürfen qualifizierte Pflegekräfte bestimmte Leistungen wie Blutentnahme, Impfungen, Wundversorgung oder den Wechsel eines Blasen-Katheters selbst vornehmen. Die Kassen sprechen von einem bundesweit einmaligen Projekt.

Der Leiter des Wohnparks Katharinenhof in Wolkenstein, Heiko Schönherr-Hempel, sieht gerade in der Zeit der Corona-Pandemie einen großen Vorteil in der elektronischen Visite: "Heimbewohner sollen so wenig wie möglich mit Außenkontakten in Berührung kommen. Trotzdem ist der Arzt anwesend - eben virtuell -, und wir können die ärztliche Versorgung sicherstellen." Die Übertragung ärztlicher Leistungen an stationäre Pflegeeinrichtungen verbessere die haus- und fachärztliche Versorgung Betroffener und ermögliche zugleich eine kontinuierliche Versorgung der Menschen auf dem Lande, sagte Andreas Haustein, Geschäftsführer der Sozialbetriebe Mittleres Erzgebirge.

Simone Hartmann, Chefin der Techniker Krankenkasse in Sachsen und Leiterin der Arbeitsgruppe Telemedizin und Gesundheitsmanagement, sieht aber auch einen Effekt für das Personal: "Wir stärken mit der Delegation ärztlicher Leistungen die Pflegefachkräfte in Kompetenz und Wertschätzung, was sich auf ihre berufliche Zufriedenheit auswirkt." Pflegekräfte würden so ganz neue Sicherheit im Umgang mit Patientinnen und Patienten gewinnen: "Gerade jetzt in der Corona-Krise erweisen sich solche neuen, unkonventionellen Lösungen als wertvoller Entwicklungsimpuls im Gesundheitswesen."

Elektronische Visite per Videodatenbrille

In zwei Pflegeeinrichtungen der Sozialbetriebe Mittleres Erzgebirge - in Marienberg und in Zschopau - wird zudem die elektronische Visite per Videodatenbrille getestet. Mittels der von den Pflegekräften getragenen Brille können Ärztinnen und Ärzte die  jeweilige Person wie mit eigenen Augen sehen und untersuchen. Nach den Worten von Gunnar Dittrich, Hauptabteilungsleiter der KV Sachsen, können Pflegefachkräfte so "unbeeinträchtigt am und mit dem Patienten agieren". Zusätzliche technische Funktionen der Datenbrille erlaubten eine zeitversetzte, unmissverständliche Kommunikation.

"Den pflegebedürftigen Patienten kommt zugute, dass sie wegen Routineuntersuchungen oder einfachen Behandlungen nicht erst die Arztpraxis aufsuchen müssen. Gerade für sie ist der Praxisbesuch meist mit Aufregung und körperlicher Belastung verbunden", hieß es. Haus- und Fachärztinnen und -ärzte wiederum würden entlastet und könnten die gewonnene Zeit in ihren Praxen nutzen.