Psychologische Betreuung für Pflegekräfte

Pflegekräfte galten zu Beginn der Corona-Krise mitunter als Helden. Inzwischen ist es wieder ruhiger um sie geworden. Nachhaltige Anteilnahme und Wertschätzung fordern die Landespflege- und die Landespsychotherapeutenkammer sowie der DGB.

Hohe Belastung bereits vor der Corona-Krise

Pflegekräfte galten zu Beginn der Corona-Krise mitunter als Helden. Inzwischen ist es wieder ruhiger um sie geworden. Nachhaltige Anteilnahme und Wertschätzung fordern die Landespflege- und die Landespsychotherapeutenkammer sowie der DGB.

Mit Tipps zum Umgang mit den hohen Belastungen ihres Berufs und kostenloser psychotherapeutischer Telefonberatung sollen die rund 43.000 Pflegekräfte in Rheinland-Pfalz besser durch die Corona-Pandemie kommen. Landespflege- und Landespsychotherapeutenkammer haben gemeinsam Angebote ausgearbeitet. Zudem müsse das Grundgehalt von derzeit - je nach Einrichtung - zwischen 2.000 und 3.500 Euro monatlich auf 4.000 Euro aufgestockt werden, forderte der Präsident der Landespflegekammer Markus Mai in Mainz. Gemeinsam mit der Politik müsse beraten werden, wie ein sinnvolles System aufgebaut werden könne, um für die nächste Welle gerüstet zu sein.

Schon vor der "Corona-Katastrophe" hätten in einer online-Befragung rund 78 Prozent der Pflegekräfte ihren Beruf als sehr stark belastend empfunden und 72 Prozent über einen Ausstieg nachgedacht, sagte Mai. Seither sei die Belastung deutlich gestiegen.

Weitreichende psychische Folgen

Die Pflegenden sorgten sich um die eigene Gesundheit und die ihrer Angehörigen und wollten trotzdem den Job machen und die PatientInnen nicht im Stich lassen, sagte die Präsidentin der Landespsychotherapeutenkammer, Sabine Maur. Eine zusätzliche Belastung sei die Begleitung Sterbender in den Tod, die von den Angehörigen nur eingeschränkt wahrgenommen werden könne. Die Einschränkung des Besuchsrecht in den Altenheimen habe sich insbesondere auf demente BewohnerInnen stark ausgewirkt und eine intensive Betreuung erfordert, damit sich deren Zustand nicht verschlechtere, sagte Mai. Dazu komme oft noch mehr Arbeit, höhere Hygiene- und Schutzregeln sowie mehr Organisationsaufwand.

Die psychischen Folgen reichten von Schlafstörungen und Unruhezuständen über Konzentrationsprobleme, Motivationslosigkeit und Wut bis zum Rückzug aus sozialen Beziehungen und Depressionen. Viele Pflegekräfte nähmen dies zunächst an sich selbst nicht wahr, weil Belastung als Teil der Profession gelte, sagte Professorin Brigitte Anderl-Doliwa von der Katholischen Hochschule Mainz. Ein Flyer solle ihnen helfen, das zu erkennen, sich zunächst selbst zu helfen und Unterstützung zu suchen. Dafür stellten sich psychotherapeutische Fachkräfte seit 26. Mai auf einer Plattform ehrenamtlich für ein Erstgespräch zur Verfügung. Dabei könnten weitere Schritte beraten werden.

Bätzing-Lichtenthäler: Psychische und physische Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Pflegekräfte erhalten und stärken

Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) betonte, der Landesregierung Rheinland-Pfalz sei es ein wichtiges Anliegen, die Beschäftigungsbedingungen in den Pflegeberufen - nicht nur in Zeiten von Corona - zu verbessern. "Dabei geht es um die Frage der fairen Bezahlung ebenso wie die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch für Pflegekräfte", sagte die Sozialdemokratin. "Es geht aber auch darum, die psychische und physische Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit der Pflegekräfte zu erhalten und zu stärken."

"Die Arbeit der Pflegekräfte erfordert deutlich mehr Anerkennung und Wertschätzung. Besonders in den vergangenen Wochen haben sie Beachtliches geleistet und das ganz unmittelbar mit der Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus", sagte der DGB-Landesvorsitzende Dietmar Muscheid. "Das verdient deutlich mehr als Applaus oder eine einmalige Prämie von 1.500 Euro." Er forderte unter anderem eine Ausbildungsoffensive. "Den Arbeitsschutz und die Ruhezeiten hinten anzustellen, um dadurch die personellen Kapazitäten rechnerisch zu erhöhen, darf nicht länger hingenommen werden."