Rechtsstreit um Subventionen für deutsche Krankenhäuser

Städte und Kreise greifen ihren klammen Kliniken häufig finanziell unter die Arme. Die private Konkurrenz protestiert, strengt einen Musterprozess an. Das Urteil ist von grundsätzlicher Bedeutung.

Städte und Kreise greifen ihren klammen Kliniken häufig finanziell unter die Arme. Die private Konkurrenz protestiert, strengt einen Musterprozess an. Das Urteil ist von grundsätzlicher Bedeutung.

Es geht um Milliarden und um die Finanzierung der deutschen Krankenhauslandschaft: Seit mehr als einem Jahr streiten private Klinikbetreiber in einem Musterverfahren mit dem Landkreis Calw. Die Privaten wehren sich gegen Finanzspritzen von Städten und Kreisen an die kommunalen Kliniken. Der erste Anlauf vor Gericht war gescheitert.

Worum geht es in dem Rechtsstreit?
In dem Streit stehen die Subventionen von Städten und Kreisen an ihre finanziell klammen Kliniken auf dem juristischen Prüfstand. Die Unterstützungen sind in Deutschland weit verbreitete Praxis. Seit 2013 wehrt sich der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) mit einer Musterklage gegen den Kreis Calw gegen solche Finanzspritzen.

Wie werden Krankenhäuser in Deutschland finanziert?
Krankenhäuser werden in Deutschland von zwei Seiten finanziert: Krankenkassen kommen für die Betriebskosten wie Personal oder Sachkosten auf, das Land trägt Investitionen. Derzeit bemüht sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe um eine Krankenhausreform. 2015 soll laut Bundesgesundheitsministerium die Gesetzgebung beginnen.

Was kritisieren die privaten Kliniken?
Für die privaten Kliniken sind die Subventionen der Städte und Kreise unzulässige staatliche Beihilfen. Der BDPK sieht den Ausgleich der Verluste kommunaler Krankenhäuser mit Steuergeldern als Wettbewerbsnachteil. Das verstoße gegen EU-Recht. Diese Finanzspritzen sollen aus Sicht des BDPK untersagt werden.

Wie sieht das die kommunale Konkurrenz?
Der Interessenverband kommunaler Krankenhäuser (IVKK) sieht öffentliche Kliniken als Teil der staatlichen Daseinsvorsorge – nicht als Wirtschaftsunternehmen im herkömmlichen Sinn. Generell sei das Wettbewerbsrecht nicht geeignet, um die Daseinsvorsorge zu regeln. Allerdings fordert auch der IVKK, die Krankenhausfinanzierung in Deutschland zu reformieren.

Was ist der Aufhänger des Streits?
Der Landkreis Calw hatte 2012 Verluste der Kreiskliniken Calw und Nagold von rund sechs Millionen Euro übernommen sowie Ausfallbürgschaften für Investitionen. Der zuständige Landrat Helmut Riegger (CDU) erklärte Ende 2013, der Kreis habe alle Vorschriften bei seiner Finanzierungspraxis eingehalten. Der BDPK sieht in der Verlustübernahme einen Wettbewerbsverstoß.

Wie hat die Justiz bisher entschieden?
Im ersten Anlauf sind die Privaten mit ihrer Klage vor Gericht gescheitert. Das Landgericht Tübingen urteilte im Dezember 2013, an den Subventionen sei nichts auszusetzen. Der BDPK legte gegen die Entscheidung Berufung ein. Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ging der Streit in die zweite Runde.

Was bedeutet der Fall für die deutsche Krankenhauslandschaft?
Die endgültige Entscheidung in dem Rechtsstreit dürfte nach Ansicht von Experten Auswirkungen für Hunderte Kliniken in ganz Deutschland haben. Bei einem Erfolg der Privaten könnten zahlreiche kommunale Krankenhäuser in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Wie geht es weiter?
Es gilt als sicher, dass der Streit wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung vor dem Bundesgerichtshof landet – möglicherweise auch vor dem Europäischen Gerichtshof.

Text und Foto: dpa /fw