Resistenzmotor Huhn: Es gibt noch viel zu tun

Das Prozesshygienekriterium von 1.000 koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KbE/g) für Schlachtkörper von Masthähnchen wurde EU-weit eingeführt, um das Vorkommen von Campylobacter in der Geflügelfleischkette zu senken. Genützt hat das bisher wenig.

Campylobacter und Co bei Masthähnchen

Das Prozesshygienekriterium von 1.000 koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KbE/g) für Schlachtkörper von Masthähnchen wurde EU-weit eingeführt, um das Vorkommen von Campylobacter in der Geflügelfleischkette zu senken. Seit 1.1.2018 müssen Betriebe, die diese Anforderungen nicht erfüllen, geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der Prozesshygiene einleiten. Genützt hat das bisher wenig.

Die Nachweisraten von Campylobacter spp. bei Masthähnchen liegen unverändert hoch. Knapp die Hälfte der Halshautproben von Masthähnchenschlachtkörpern (46,3%) und der Proben von frischem Hähnchenfleisch (47,8%) wurde im Rahmen des Zoonosen-Monitoring 2018 positiv auf Campylobacter getestet. Knapp ein Viertel der Schlachtkörper wies Campylobacter-Keimzahlen von über 1.000 KbE/g auf. Das im vergangenen Jahr eingeführte Prozesshygienekriterium hat somit noch nicht zu einer nennenswerten Senkung der Campylobacter-Belastung bei Masthähnchen geführt, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin mitteilte.

2017, vor Einführung des Prozesshygienekriteriums, hatten 22,7% der Schlachtkörper den besagten Wert überschritten. Im vergangenen Jahr blieb die Quote mit 22,6% nahezu unverändert. Die Ergebnisse unterstrichen die Notwendigkeit, dass in diesem Bereich weitere Anstrengungen unternommen werden müssten, um die Schlachthygiene zu verbessern.

Salmonellen

In Halshautproben von Mastputenschlachtkörpern wurden Salmonellen zu 22,7% und damit fast doppelt so häufig nachgewiesen wie im Zoonosen-Monitoring 2016 (mit 11,9% positiven Proben). Die Tiere selbst waren dagegen nur selten Träger von Salmonellen (0,2% positive Proben von Blinddarminhalt). Die Nachweisrate von Salmonellen in Proben von frischem konventionell erzeugtem Putenfleisch lag bei 4,0% und damit ebenfalls etwas höher als im vorherigen Untersuchungsjahr (2,6%).

Steigende Kontaminationsraten von Schlachtkörpern bei geringer Belastung der Tiere verdeutlichen, dass Verbesserungen der Hygienepraktiken bei der Geflügelschlachtung notwendig sind, da es offenbar zu Kreuzkontaminationen bzw. einer Verschleppung von Keimen aus der Schlachtumgebung auf die Schlachtkörper kommt.

Listeria monocytogenes

In 3,4% der Proben von streichfähigen oder schnittfesten Rohwürsten aus Hähnchen- und/oder Putenfleisch wurde Listeria monocytogenes nachgewiesen. Allerdings waren die Keimzahlen gering, da in keiner Probe Listerien oberhalb der Nachweisgrenze von 10 KbE/g mit der quantitativen Methode nachgewiesen wurden. Im Vergleich hierzu wurden in streichfähigen Rohwürsten aus Schweinefleisch im Zoonosen-Monitoring 2017 in einzelnen Proben Keimgehalte an L. monocytogenes gemessen, die eine potenzielle Gesundheitsgefahr für den Menschen darstellten (220 KbE/g und 550 KbE/g).

ESBL/AmpC-bildende E. coli

ESBL/AmpC-bildende E. coli wurden in etwa der Hälfte der untersuchten Kotproben aus konventionellen Mastputenbetrieben (51,8% positive Proben) und in 37,6% der Proben von konventionell erzeugtem Putenfleisch nachgewiesen. Im Vergleich hierzu waren Kotproben aus ökologisch wirtschaftenden Mastputenbetrieben und insbesondere Proben von ökologisch erzeugtem Putenfleisch mit Nachweisraten von 36,8% bzw. 12,2% deutlich seltener positiv für ESBL/AmpC-bildende E. coli.

ESBL/AmpC-bildende Bakterien zeichnen sich dadurch aus, dass sie Enzyme bilden, die die Wirksamkeit von Penicillinen und Cephalosporinen herabsetzen bzw. aufheben können, sodass die Bakterien unempfindlich gegenüber diesen Antibiotika sind. Der häufige Nachweis von ESBL/AmpC-bildenden E. coli bei Nutztieren ist aufgrund der besonderen Bedeutung der Cephalosporine der 3. und 4. Generation für die Therapie des Menschen besorgniserregend, zumal nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand davon auszugehen ist, dass diese resistenten Keime auch über Lebensmittel auf den Menschen übertragen werden können.

Antibiotika-Resistenzlage

Die Ergebnisse der Antibiotikaresistenzuntersuchungen zeigten, dass die Resistenzraten in den Lebensmittelketten Masthähnchen und Mastpute unter den Nutztieren am höchsten sind, was den im Vergleich zu Rindern und Schweinen häufigeren Einsatz von Antibiotika bei dieser Tiergruppe widerspiegelt. Auffallend war überdies, dass E.-coli-Isolate aus ökologischen Mastputenbetrieben und aus ökologisch erzeugtem Putenfleisch insgesamt deutlich niedrigere Resistenzraten (48,2%) aufwiesen als die entsprechenden Isolate aus der konventionellen Produktion (77,3%). Außerdem traten bei Isolaten aus der ökologischen Produktion seltener Multiresistenzen gegen drei oder mehr Substanzklassen auf als bei Isolaten aus Mastputenbetrieben und Putenfleisch der konventionellen Produktionsform (17,7% vs. 42,9%).

Diese Unterschiede, die bereits im Zoonosen-Monitoring 2016 bei den Untersuchungen von konventionellen und ökologischen Masthähnchenbetrieben beobachtet wurden, stehen vermutlich mit der im Vergleich zu konventionellen Tierhaltungen geringeren Therapiehäufigkeit mit Antibiotika in ökologischen Betrieben im Zusammenhang. Die hohen Resistenzraten von zum Teil über 50% der Bakterien-Isolate von Masthähnchen und Mastputen gegenüber Fluorchinolonen verdeutlichen, dass insbesondere der Einsatz dieser Antibiotikaklasse beim Geflügel reduziert werden muss, da sie als besonders wichtig für die antibiotische Behandlung beim Menschen gilt.