Rettungspiloten müssen im Einsatz hochpräzise Arbeiten

Birger Wurmbach ist seit 40 Jahren Hubschrauber-Pilot. Demnächst quittiert er seinen Dienst bei der Deutschen Luftrettung. Dann ist Schluss mit der Fliegerei, sagt er. Wer den 64-Jährigen in Aktion erlebt, kann das kaum glauben.

Birger Wurmbach ist seit 40 Jahren Hubschrauber-Pilot. Demnächst quittiert er seinen Dienst bei der Deutschen Luftrettung. Dann ist Schluss mit der Fliegerei, sagt er. Wer den 64-Jährigen in Aktion erlebt, kann das kaum glauben.

Punktgenau landet der rot-weiße Rettungshubschrauber "Christopher 64" auf dem dafür gekennzeichneten Quadrat der Luftrettungsstation Angermünde (Uckermark). Was für den Laien spielend leicht aussieht, ist jahrelange Erfahrung, "die eigentliche Kunst des Fliegens", wie Birger Wurmbach betont. Dabei klettert er aus dem Cockpit, gefolgt von Rettungsassistent und Notarzt. Der 64-Jährige muss es wissen. Er ist seit 40 Jahren Hubschrauber-Pilot, 18 davon bei der Deutschen Luftrettung.

Gerade hat die Crew ein Unfallopfer in Schwedt ins Krankenhaus geflogen. "Auto gegen Fahrrad - das ging für den Radfahrer nicht gut aus", sagt Wurmbach kurz. Fast 8500 Rettungseinsätze gehen auf das Konto des drahtige Stationsleiters, der zunächst die Luftrettungsstation in Bad Saarow (Oder-Spree) aufbaute, bevor er 2015 in die Uckermark wechselte, die ihn mit ihren sanften Hügeln an die italienische Toskana erinnert. "Wenn die Sonne schon tief steht, ist die Gegend am schönsten", schwärmt er.

Die drei Millionen Euro teure Station in Angermünde, die vor anderthalb Jahren in Betrieb ging, ist "sein Baby", wie Luftraumbeobachter Fedor Strickert berichtet. "Zum Ende meiner Dienstzeit hin suchte ich noch mal nach einer Herausforderung", sagt Wurmbach. Von seinem Zuhause aus in der Nähe von Wandlitz (Barnim) sei es egal, ob er nach Bad Saarow oder Angermünde pendele.

Zumal die Rettungspiloten in der Regel mehrere Tage hintereinander Dienst haben - vom Sonnenauf- bis zum Sonnenuntergang, ebenso wie die Notärzte aus Eberswalde oder Schwedt. Sie übernachten in der Station, für die Wurmbach die Planungen komplett über den Haufen geworfen hatte. "Was brauchen wir hier einen repräsentativen Eingangsbereich, wir haben doch keinen Publikumsverkehr", macht der 64-Jährige deutlich. Stattdessen wurden die Sozialräume wie Küche und Aufenthaltsbereich vergrößert.

Wurmbach wirkt, als könnte ihn so leicht nichts erschüttern. Auch der tragische Ausgang des zweiten Einsatzes an diesem Tag ist ihm äußerlich nicht anzumerken. Ein 63-Jähriger war in seinem Haus in Oderberg gestürzt und gestorben. Da half es auch nichts mehr, dass die fliegende Rettungscrew nur wenige Minuten nach dem Notruf vor Ort war.

Angefangen hat seine Leidenschaft fürs Fliegen vor 40 Jahren bei der Bundeswehr, erzählt der gebürtige Hesse, der damals Zeitsoldat war und die Gelegenheit bekam, seine Berufspilotenlizenz zu machen. Später ist Wurmbach für unterschiedliche Firmen geflogen - Patienten wurden von einer medizinischen Einrichtung in eine andere verlegt, Prominente nutzten das schnelle Reisen per Hubschrauber, Filmleute und Fotografen "kutschierte" er für Aufnahmen durch die Lüfte, zuletzt in Berlin. 1998 bewarb sich Wurmbach bei der Luftrettung. "Ich wollte sesshaft werden, der Familie zuliebe." Dass er nunmehr schon in 3. Ehe verheiratet sei, habe auch Ursachen in dem bis dato unsteten Leben, deutet der Rettungspilot an.

Interessant sei das "hochpräzise Fliegen" für alle Arbeitgeber gewesen, die Rettungsfliegerei allerdings am befriedigendsten. Denn: "90 Prozent unserer Einsätze gingen glücklich aus - Herzinfarktpatient, Unfallopfer oder Verunglückte beim Baden überlebten, weil wir schnell Hilfe leisten konnten."

Die Suche nach einem geeigneten Landeplatz unweit der Einsatzstelle ist häufig die eigentliche Herausforderung - ob auf einem Feld oder auf der Autobahn: Windrichtung, Stromleitungen und andere Hindernisse müssen berücksichtigt werden. Mindestens 20 Meter Platz im Durchmesser und ein fester Untergrund sind Voraussetzung. "Den jeweiligen Landeplatz lerne ich per fotografischem Gedächtnis auswendig, denn wenn ich mit dem Hubschrauber runter gehe, habe ich darauf nur noch eingeschränkte Sicht", erklärt der Pilot.

Am 18. März, seinem 65. Geburtstag, hat Wurmbach seinen letzten Arbeitstag - sehr zum Bedauern der Kollegen. "Er ist erfahren und umsichtig, behält selbst in der hektischsten Situation den Überblick", lobt der Eberswalder Notarzt Stefan Heidemann. Und Luftraumbeobachter Strickert ärgert sich regelrecht, wie er sagt. "Als Chef und als Mensch ist Birger unschlagbar. Ich hätte gern noch weiter mit ihm gearbeitet."

Mit dem Ruhestand ist für Wurmbach Schluss mit der Fliegerei. "Ab diesem Alter darf ich keine gewerblichen Personentransporte mehr machen. Und privat Hubschrauber zu fliegen, ist mir zu teuer" lautet sein trockener Kommentar.