Risiko für Gebärmutterhalskrebs steigt bei HIV-Infektion um das Sechsfache

Frauen mit einer HIV-Infektion haben ein sechsfach höheres Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Das hat ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) herausgefunden.

Rund 570.000 Diagnosen im Jahr

Frauen mit einer HIV-Infektion haben ein sechsfach höheres Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Das hat ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) herausgefunden. Besonders betroffen sind die Regionen Süd- und Ostafrika.

WHO-Statistiken zufolge ist Gebärmutterhalskrebs die vierthäufigste Krebsart bei Frauen. Rund 570.000 Frauen weltweit bekamen 2018 die Diagnose Zervixkarzinom, mit etwa 311.000 Frauen starb mehr als die Hälfte davon an der Krankheit.

Gebärmutterhalskrebs, meist von Humanen Papillomviren (HPV) verursacht, ist frühzeitig erkannt und wirksam therapiert, aber auch eine der am erfolgreichsten vorbeugbaren und behandelbaren Krebsarten. Gleichzeitig ist Gebärmutterhalskrebs die am häufigsten entdeckte Krebserkrankung bei Frauen, die mit HIV leben, da deren Immunsystem durch die HIV-Infektion geschwächt ist.

Am Center for Global Health der Fakultät für Medizin sowie der Lehrstuhl für Epidemiologie der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften haben sich in der Publikation "Estimates of the Global Burden of Cervical Cancer Associated with HIV" im renommierten Fachjournal The Lancet Global Health nun diesem relevanten Thema gewidmet.

Systematisches Review und Meta-Analyse von 24 Studien

Dr. Dominik Stelzle (Center for Global Health und Lehrstuhl für Epidemiologie) und Dr. Luana Tanaka (Lehrstuhl für Epidemiologie) haben dafür einen systematischen Review sowie eine Meta-Analyse von insgesamt 24 Studien aus den Jahren 1981 bis 2016 durchgeführt, an denen 236.127 Frauen mit HIV aus vier Kontinenten (Afrika, Nordamerika, Asien und Europa) teilgenommen hatten.

Insgesamt enthielten diese Studien 2.138 Zervixkarzinom-Fälle. Zudem wurden die Ergebnisse mit Daten von UNAIDS zur weltweiten HIV-Infektion und mit Daten der International Agency for Research on Cancer (IARC), dem Krebsforschungszentrum der WHO zum Zervixkarzinom verbunden und ausgewertet. Weil es bisher nur Schätzungen aus Ländern mit einem hohen Netto-Einkommen", schildert Dr. Stelzle. "Das war der Grund, warum wir uns die Zahlen der globalen Belastung des Zervixkarzinom in Verbindung mit einer HIV-Infektion angesehen haben, inklusive Schätzungen für Länder mit niedrigen Netto-Einkommen. In den meisten Teilen der Welt liegen diese Zahlen bei unter fünf Prozent. In einigen Ländern sprechen wir aber von weit über 40 Prozent der Fälle."

Bei 5,8 Prozent aller neuen Gebärmutterhalskrebs-Fälle weltweit wurden im Jahr 2018 HIV-Infektionen diagnostiziert. Das sind 33.000 Fälle pro Jahr, 85 Prozent davon treten in Subsahara-Afrika auf.

Die Ergebnisse der Studie zeigen außerdem, dass Frauen mit HIV ein sechsfach höheres Risiko besitzen, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, als Frauen ohne HIV-Infektion. "Die Assoziation zwischen Zervixkarzinom und HIV ist einleuchtend", erläutert Prof. Dr. Dr. Andrea S. Winkler, Co-Leiterin des Centers for Global Health. "Zervixkarzinome werden meist durch Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV) verursacht, welche ebenso wie HIV sexuell übertragen werden. Aufgrund unserer Ergebnisse könnte man annehmen, dass eine Infektion mit HIV einen Risikofaktor für eine Infektion mit HPV darstellt."

Süd- und Ostafrika sind am stärksten betroffen

Am stärksten betroffen sind die Regionen Süd- und Ostafrika, in denen 63,8 Prozent (Südafrika) bzw. 27,4 Prozent (Ostafrika) der Zervixkarzinome bei Frauen mit einer HIV-Infektion diagnostiziert wurden. "Mit über 75 Prozent ist Eswatini im südlichen Afrika das Land mit dem höchsten Anteil an Frauen, die an Gebärmutterhalskrebs in Verbindung mit einer HIV-Infektion leiden, gefolgt von Lesotho mit 69 Prozent, Botswana mit 67 Prozent, Südafrika mit 64 Prozent sowie Simbabwe mit 52 Prozent", so Tanaka.

Daher seien HPV-Impfungen sowie frühzeitige Zervixkarzinom-Screenings von hoher Bedeutung. "In Afrika gibt es zwar durchaus bereits Zervixkarzinom-Screenings, aber bislang hauptsächlich für Frauen, die eine höheren sozioökonomischen Status haben und es sich daher finanziell leisten können", so Prof. Dr. Stefanie Klug, Inhaberin des Lehrstuhls für Epidemiologie der TU München. "Ziel muss es sein, diese Abhängigkeit von ökonomischen Möglichkeiten aufzubrechen und zu erreichen, dass die HPV-Impfung für Mädchen und das Screening für Frauen kostenfrei werden."